Bereits 2003 hatte der nordrhein-westfälische Landtag das Landespflegegesetz verabschiedet, nach dem die Pflegeheime des Landes bis Mitte 2018 eine Einzelzimmerquote von mindestens 80 Prozent erreichen müssen.  Am 01. August 2018 lief die Übergangsfrist aus und es stellt sich die Frage: Wie sieht die Pflegelandschaft in Nordrhein-Westfalen nun aus?

Inhaltsverzeichnis:

  • Grundlage Einzelzimmerquote
  • 2016 lag die Einzelzimmerquote noch bei 70 Prozent
  • Besonders kommunale Heime erfüllen die Einzelzimmerquote
  • 506 Heime scheiterten in NRW an der Einzelzimmerquote
  • Fazit
  • Grundlage Einzelzimmerquote

    In Nordrhein-Westfalen betreiben rund 2.200 Pflegeheime insgesamt etwa 180.000 Betten. All diese Pflegeheime müssen sich seit August 2018 an die neuen, in der GEPA NRW und WTG-APG-DVO festgelegten Verordnung halten: Neubauten sind seitdem auf maximal 80 Plätze begrenzt und müssen eine Einzelzimmerquote von 100 Prozent vorweisen; Bestandsbauten genießen indes zwar im Bezug auf die Platzzahl weitestgehend Bestandsschutz, haben jedoch eine Einzelzimmerquote von 80 Prozent einzuhalten. Zudem wurde die Mindestgröße von Zimmern in neu erbauten Pflegeheimen auf 14m² festgelegt – auch muss jedes Zimmer über ein eigenes Bad verfügen. Zwar hatten die Betreiber 15 Jahre Zeit diese Vorgaben zu erfüllen, die Zahlen zeigen jedoch, dass große Umbrüche vor allem im Laufe der letzten beiden Jahre stattgefunden haben.

    2016 lag die Einzelzimmerquote noch bei 70 Prozent

    Die im Jahr 2016 von pflegemarkt.com ermittelte, durchschnittliche Einzelzimmerquote in den nordrhein-westfälischen Pflegeheimen lag bei 70 Prozent. In den Analysen stieg die Quote bis Juli 2017 auf im Schnitt 83 Prozent und hält sich dort bis heute. Doch auch nach Juli 2017 unternahmen die Pflegeheime des Bundeslandes weitere große Anstrengung zur Erfüllung der Vorgaben, wie die tiefergehende Analyse zeigt:

    Im Laufe der Zeit bis zum Stichtag nahm die Bettenzahl in Nordrhein-Westfalen immer weiter ab.

    So zeigen sich bei Betrachtung der Neugründungen der letzten elf Monate vor Inkrafttreten der neuen Vorgaben, vor allem vom vierten Quartal 2017 bis August 2018 weitere große Änderungen.
    Während im vierten Quartal 2017 noch über 500 Betten durch Neugründungen geschaffen wurden, nahm diese Anzahl im weiteren Verlauf bis zum August 2018 immer weiter ab.

    Während der Bettenaufbau immer weiter zurück ging, wurden immer mehr Betten abgebaut. Als besonders auffällig zeigt sich der Bettenabbau durch Schließungen im zweiten Quartal 2018, sowie der starke Abbau im Bestand in den beiden Monaten Juli und August 2018. Im Nettovergleich nahmen in den letzten elf Monaten die Bettenzahl kontinuierlich ab – insgesamt verfügt Nordrhein-Westfalen im August 2018 über 1.604 Betten weniger als noch im September 2017.

    Insgesamt wurden 2018 in Nordrhein-Westfalen 37 Heime geschlossen; dem gegenüber stehen 18 neu eröffnete Heime. In der Datenbank von pflegemarkt.com sind bei etwa der Hälfte aller Heime in Nordrhein-Westfalen die genauen Zahlen zu Doppelzimmer und Einzelzimmer hinterlegt. Anhand dieser Zahlen lässt sich zum aktuellen Zeitpunkt feststellen, dass mittlerweile etwa drei Viertel aller Heime (73 Prozent) die Quote von 80 Prozent erreichen. Die Einzelzimmerquote von 100 Prozent, die nur für Neubauten gilt, wird von insgesamt einem Viertel (26 Prozent) der Pflegeheime erreicht. Dabei zeigen sich bei näherer Betrachtung Unterschiede bei den Trägerarten.

    Besonders kommunale Heime erfüllen die Einzelzimmerquote

    So erfüllen vor allem die kommunalen Pflegeheime die Einzelzimmerquote von 80 Prozent – nur zwanzig Prozent aller kommunalen Heime konnten die Vorgaben nicht erfüllen. Gemeinnützige Betreiber halten die Quote in 72 Prozent aller Fälle ein, private Anbieter in 74 Prozent. Bei der Einzelzimmerquote von 100 Prozent zeigen sich die Privaten als besonders stark: 31 Prozent erfüllen die Vorgabe. Bei den Kommunalen (27 Prozent) und Gemeinnützigen (23 Prozent) sind es wesentlich weniger.

    Besonders kommunale Heime zeigen sich in der Erfüllung der gesetzlichen Einzelzimmerquote als Vorreiter.

    Ebenfalls auffällig zeigt sich, dass neuere Heime und Heime mit höheren Investkosten die Einzelzimmerquote von 80 Prozent eher erfüllen als Heime mit geringeren Investkosten. So beliefen sich die Investkosten der Heime, die die Quote erfüllen konnten, auf durchschnittlich 549,99 Euro; während die Heime, welche die Quote nicht erfüllten, im Schnitt mit Investkosten von 462,99 Euro zu Buche schlugen. Zwar ist es logisch, dass die Neubauten der letzten Jahre bereits von Beginn an die Einzelzimmerquote erfüllten; dennoch zeigt sich in der Analyse, dass von den vor 2003 erbauten Pflegeheimen jene Häuser, die die Vorgaben erfüllten, im Schnitt nach 1989 gebaut oder später als 2002 modernisiert wurden. Noch ältere Einrichtungen erfüllten die Vorgaben tendenziell seltener. Bei den Schließungen fallen zudem die Investkosten ins Auge: Seit Oktober 2017 wurden vor allem kostengünstige Heime mit durchschnittlichen Investkosten von 408,00 Euro pro Monat (die auf ältere Einrichtungen schließen lassen) geschlossen. Zum Vergleich: Die durchschnittlichen Investitionskosten in Nordrhein-Westfalen belaufen sich auf 517,44 Euro.

    506 Heime scheiterten in NRW an der Einzelzimmerquote

    Laut dem NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) scheiterten 506 Heime in Nordrhein-Westfalen an der Quote, für 399 von ihnen wurden Wiederbelegungssperren angeordnet. Laumann erklärte im Juli in der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung dass durch die Sperre 5.559 Pflegeplätze wegfallen würden. Zudem verzichteten 76 Heime zunächst auf eine Förderung durch das Pflegewohngeld und erhielten so eine neue Frist für die Einzelzimmerquote: Bis zum 31. Juli 2023 muss diese nun umgesetzt werden.

    Um die Heime zu entlasten, wurde von der Landesregierung kurzfristig die Möglichkeit eingeräumt, überzählige Doppelzimmer und Zimmer die nicht über ein – ebenfalls in den neuen Vorgaben gefordertes – eigenes Bad verfügen in Zimmer für Kurzzeitpflege umzuwandeln: 26 Einrichtungen nutzen die Möglichkeit und schufen so 292 neue Kurzzeitpflegeplätze. Sie haben nun bis Ende Juli 2021 Zeit, die notwendigen Umbauten zur Erfüllung der Einzelzimmerquote und Verfügbarkeit einer ausreichenden Zahl an Sanitärräumen vorzunehmen.

    Fazit

    Die Einzelzimmerquote in Nordrhein-Westfalen hat zu großen Umbrüchen geführt. Nicht nur, dass die Zahl der neuen Pflegebetten in den letzten Monaten Rückläufig war – auch die Reduzierung der Pflegeplätze im Bestand und Pflegeheimschließungen zeichneten das Bild der vergangenen Zeit. Dennoch gelang es einem Viertel der Heimbetreiber nicht die neuen Bestimmungen zu erfüllen. Sie müssen nun mit Belegungsstopps rechnen oder eine der angebotenen Alternativen wahrnehmen, um in der gewonnenen Zeit die Vorgaben zu erfüllen. Es dürfen also auch in den nächsten Monaten Bettenrückgänge erwartet werden, bis sich die Lage wieder stabilisiert hat.