Von Januar bis Dezember 2019 gab es im deutschen Pflegesektor mehr als 660 Neugründungen in den Bereichen Pflegedienste, Pflegeheime und Tagespflege – eine umfassende Analyse offenbart dabei den aktuellen Puls des Pflegemarktes und deckt auch länderspezifische Unterschiede auf, welche wir Ihnen in diesem Artikel vorstellen und erklären wollen.

Inhaltsverzeichnis:

  • Besonders viele Neugründungen privater Anbieter
  • Tagespflege wächst besonders stark
  • Fazit
  • 42 Pflegeheimeröffnungen, 249 neue Tagespflegen und 372 neue Standorte für Pflegedienste weist der Gründungsradar für das Gesamtjahr 2019 auf – somit wurden mehr als 3.800 neue Tagespflegeplätze aufgetan und über 2.500 neue Pflegeheimbetten bereitgestellt. Zwar ist bei der Neugründung eines Pflegedienstes noch nicht absehbar wie viele Patienten letztlich versorgt werden – allerdings lagen bei der Analyse die MDK Daten von bereits mehr als einem Viertel der im vergangenen Jahr neu gegründeten Pflegedienste vor (106). So werden laut erhobenen Daten aktuell 4.486 Patienten ambulant durch die neuen Pflegedienste versorgt; was einem Mittelwert von etwa 42 Patienten pro ausgewerteten Pflegedienst entspricht. Da die durchschnittliche Versorgung eines Pflegedienstes etwa 109 Patienten beträgt, lassen die Zahlen erahnen, dass ein Pflegedienst etwa zwei Jahre benötigt, bis er die Durchschnittskapazität erreicht hat.

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    Besonders viele Neugründungen privater Anbieter

    Besonders spannend ist zudem die Aufteilung der Neugründungen nach Trägerart, welche sich als besonders unterschiedlich offenbarte: Während Pflegedienste zum allergrößten Teil (91 Prozent) von privaten Betreibern gegründet werden, sieht das im bisherigen Bestand deutlich anders aus: 70 Prozent aller Pflegedienste werden hier von privaten Anbietern betrieben, was immer noch einer deutlichen Mehrheit entspricht, aber bei weitem  nicht so ausgeprägt ist wie bei den Neugründungen

    Im Sektor der Tagespflege ist die Verteilung ungleich ausgewogener: 55 Prozent aller Tagespflegen werden von privaten Betreibern gegründet, 44 Prozent von gemeinnützigen Trägern und ein geringer Anteil von kommunalen Anbietern. Diese Aufteilung unterstreicht nur umso deutlicher die stark fragmentierte Versorgungslandschaft in der ambulanten Pflege, die sich vor allem aus vielen kleinen privaten Anbietern zusammensetzt. Dazu passt zudem, dass 89 Prozent der Pflegedienste von neuen Anbietern gegründet wurden und nur elf Prozent als Erweiterung der Angebote bereits bestehender Betreiber gewertet werden können. Etwa zeitgleich zeigt sich auch eine steigende Professionalisierung im Bereich der ambulanten Pflege – während bei den bestehenden Pflegediensten in Deutschland, die zu keiner Betreibergesellschaft gehören, nur rund ein Drittel als Kapitalgesellschaft eingetragen ist, beläuft sich die Quote der Kapitalgesellschaften bei den neugegründeten Pflegediensten auf 63 Prozent.

    Die Neugründungen im Pflegemarkt nach Träger inklusive einer Übersicht über die geschaffenen neuen Versorgungsmöglichkeiten

    Bei Pflegeheimen können etwa 16 Prozent der Eröffnungen neuen Anbietern zugeordnet werden, bei Tagespflegen immerhin noch etwa 40 Prozent, während die restlichen 60 Prozent als Leistungserweiterungen bestehender Anbieter verstanden werden müssen. Zu den aktivsten Betreibern gehören dabei Home Instead, die Curanum AG, der advita Pflegedienst und die Johanniter-Unfall-Hilfe.

    Tagespflege wächst besonders stark

    Abseits der Aufteilung nach Träger und Trägerart, offenbart insbesondere die Aufteilung der Neugründungen nach Bundesland interessante Gegebenheiten. Besonders spannend ist die Betrachtung des prozentualen Wachstums innerhalb eines Bundeslandes. So zeigt Bayern das höchste prozentuale Wachstum an Pflegeangebote in ganz Deutschland – die Anzahl der Pflegeheime wuchs zwar im Vergleich zum Vorjahr nur um 0,3 Prozent – dafür nahmen die Pflegedienste um 2,3 Prozent und die Anzahl der Tagespflegen sogar um über neun Prozent zu.

    Einen stärkeren Zuwachs im Bereich der Tagespflege – der sich in ganz Deutschland als größtes Wachstum des Gründungsradars herausstellte – zeigte dabei nur die Hansestadt Hamburg. Hier wuchs die Anzahl der Tagespflegen um mehr als zehn Prozent im Vergleich zum Vorjahr, während die Anzahl der Pflegeheime überhaupt nicht und die Anzahl der Pflegedienste nur geringfügig (1,6 Prozent) wuchs. Das von der Einzelzimmer-Quote gezeichnete Nordrhein-Westfalen zeigt im Bereich der Pflegedienste (drei Prozent) und Tagespflegen (5,8 Prozent) einen Hang zur Ambulantisierung. Das geringste Wachstum zeigt die Hansestadt-Bremen mit einem Zuwachs von 0,7 Prozent der Pflegeangebote im Vergleich zum Vorjahr.

    Eine deutliche Auffälligkeit zeigt auch Baden-Württemberg. 20 Prozent aller in diesem Bundesland verzeichneten Neugründungen im Jahr 2019 waren Pflegeheime – der höchste Wert in diesem Sektor. Der Gründungsradar zeigte dabei deutlich, dass sich Baden-Württemberg auf das Inkrafttreten der Einzelzimmerquote im vergangenen Jahr vorbereitete. Auffällig ist zudem, dass der überwiegende Anteil der neugegründeten Pflegeheime in Baden-Württemberg zu gemeinnützigen Trägern zählen (80 Prozent) und weit unter 80 Betten aufweisen. Bei der Auswertung aller aktiven Pflegeheime in Baden-Württemberg, bei denen die Anzahl der Einzel- und Doppelzimmer in der Pflegedatenbank vermerkt ist, lässt sich ein aktueller Mittelwert von etwa 83 Prozent bei der Einzelzimmerquote ableiten.

    In Hinblick auf die Spezialisierung fällt auf, dass etwa jede sechste Neugründung mit einer bestimmten Spezialisierung aufwartet. Etwa 40 Prozent der spezialisierten Betriebe hat sich dabei auf die Versorgung von Patienten mit demenziellen Veränderungen eingerichtet. Zudem wurden 44 neue Intensivpflegedienste gegründet.

    Fazit

    Die Neugründungen im Jahr 2019 verstärkten nicht nur die Fragmentierung des ambulanten Pflegemarktes, sondern zeigten zudem deutlich, dass gerade im Bereich der Pflegeheime und Pflegedienste eine immer stärker werdende Professionalisierung einsetzt, in der große Träger – seien es nun Kapitalgesellschaften oder gemeinnützige Verbände – eine immer größer werdende Abdeckung garantieren. Zusätzlich offenbarte sich der Druck auf die Pflegeheime in Baden-Württemberg auch in den Neugründungen kleiner, gemeinnützig geführter Häuser.