Die wachsende Zahl der Pflegebedürftigen, die neuen Heimgesetze und nicht zuletzt die älter werdende Bausubstanz vieler Pflegeeinrichtungen kurbeln den Neubau von Pflegeheimen, Tagespflege, Wohngemeinschaften und betreutem Wohnen in Deutschland an – unsere Analyse wirft für Sie einen Blick aus der Vogelperspektive auf die aktuelle Baulandschaft im deutschen Pflegesektor und fokussiert sich dabei im Besonderen auf die treibenden Kräfte hinter den neu entstehenden Pflegeplätzen.

Inhaltsverzeichnis:

  • Mehr als 35.000 vollstationäre Pflegeplätze im Bau und in Planung
  • Die drei baufreudigsten Betreiber
  • Private Betreiber investieren stark in Neubauten
  • Sehr geringe Bauaktivität in Berlin
  • Das enorme Wachstum des Pflegemarktes wird zunehmend durch Bauaktivitäten untermauert. Von klassischen Pflegeeinrichtungen, über Betreutes Wohnen, Tagespflege und Wohngruppen bis hin zur Kombination verschiedener Angebote entstehen in den kommenden Jahren eine Vielzahl neuer Plattformen. Insgesamt befinden sich zum Zeitpunkt dieser Analyse, Anfang Mai 2021 mehr als 2.100 neue Pflegeangebote im Bau und in Planung. Den Großteil der im Bau und in Planung befindlichen Pflegeeinrichtungen stellen dabei die 744 Standorte für Betreutes Wohnen. Dicht gefolgt von Tagespflegen, hier entstehen 511 neue Einrichtungen. Vollstationäre Pflegeheime entstehen an 496 Standorten, das alternative Wohnkonzept der Wohngemeinschaften kommt auf 353 Standorte in der Bau- oder Planungsphase.

    Mehr als 35.000 vollstationäre Pflegeplätze im Bau und in Planung

    Insgesamt entstehen nach den auswertbaren Zahlen mehr als 35.000 neue Pflegeplätze in der vollstationären Pflege. Auch das betreute Wohnen wächst deutlich – die mehr als 740 Standorte stellen, nach auswertbaren Wohneinheiten, mehr als 20.000 Plätze zur Verfügung. Da für beide Sektoren nicht an jedem Standort die endgültige Platzzahl bekannt ist, kann von einem höheren Effektivwert der Plätze und Wohneinheiten ausgegangen werden.

    Bei der Analyse der Betreiberstrukturen für die einzelnen Bundesländer und Deutschland im Gesamten fällt deutlich die starke Bauaktivität der Top-Betreiber auf, die nicht zuletzt bereits in der Analyse der größten Betreiber pro Bundesland erwähnung fanden.

    Die drei baufreudigsten Betreiber

    Dabei zeigt nach Auswertung aller im Bau und in Planung befindlichen Standorte nicht einer der größten Pflegeheimbetreiber die stärkste Bauaktivität, sondern einer der größten Pflegedienste – insgesamt plant und baut die advita Pflegedienst GmbH unter Berücksichtigung aller oben genannten Sektoren laut eigener Aussage mehr als 100 neue Pflegeangebote. An etwa 30 geplanten Standorten entstehen in absehbarer Zukunft in der Regel kombinierte Pflegeangebote aus den Segmenten Tagespflege, Betreutes Wohnen, Wohngemeinschaften und stationäre Pflege. Die advita Pflegedienst GmbH ist ein seit 1994 überregional tätiger Pflegedienst mit aktuell 35 Niederlassungen in Baden-Württemberg, Berlin, Nordrhein-Westfalen, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen und zählt mit über 2.400 Mitarbeitern zu den größten Pflegediensten Deutschlands.

    Besonders aktiv ist zudem die Convivo Holding GmbH. Insgesamt errichtet das Pflegeunternehmen an über 30 Standorten neue, sogenannte Convivo Parks, welche Pflege über alle Segmente hinweg anbieten. Mit diesen Convivo Parks verfolgt das Unternehmen die Entwicklung und Realisierung neuer Wohnformen. Insbesondere ist dabei ein Fokus auf neu entstehende Wohngemeinschaften zu erkennen, auch neue Standorte im Bereich des betreuten Wohnens und der Tagespflege werden häufig gebaut. Klassische vollstationäre Angebote werden indes von der Convivo eher seltener errichtet.

    Ebenfalls zu den baufreudigsten Betreibern gehört zudem die Schönes Leben Gruppe, die an über 21 Standorten jeweils mehrere Einrichtungen plant. So sollen 17 neue Pflegeheime, 13 neue betreute Wohnanlagen, 5 Tagespflegen und 4 Wohngruppen entstehen. Somit zeigen die drei baufreudigsten Bewohner insgesamt die starke Marschrichtung der großen Top-Betreiber.

    Liste der baufreudigsten Betreiber nach Bundesland

    Private Betreiber investieren stark in Neubauten

    Insgesamt zeigen sich dabei über alle Bundesländer hinweg private Betreiber mit deutlich stärkerem Investitonsgeschehen. Von den insgesamt 48 Plätzen (Rang 1-3 für 16 Bundesländer) sind insgesamt 33 Plätze ausschließlich von privaten Betreibern besetzt, die restlichen 15 teilen sich auf gemeinnützige Unternehmen auf; kommunale Anbieter kommen im Hinblick auf die Bauaktivität in keinem Bundesland unter die Top 3.

    Bei genauer Betrachtung der Top 3 pro Bundesland fällt zudem deutlich auf, dass auch hier advita, Convivo und Schönes Leben überproportional häufig vertreten sind, was für eine breite Streuung der Bauaktivitäten spricht. Insgesamt sind advita und Convivo in sechs Bundesländern unter den Top 3, die Schönes Leben schafft es immerhin noch in vier Bundesländern unter die baufreudigsten Betreiber.

    Um sich die Bauaktivitäten stärker vor Augen zu führen, lohnt ein Blick auf die Verteilung der noch entstehenden und bereits aktiv betriebenen Standorte. Hierfür werden die im Bau und in Planung stehenden Standorte in jedem Bundesland mit den dort bereits aktiven Standorten summiert. Anschließend wird analysiert, wie viel Prozent der Gesamtsumme, die im Bau und in Planung befindlichen Angebote ausmachen. Besonders lohnend zeigt sich hierbei der Vergleich zwischen der klassisch, vollstationären Pflege und dem betreuten Wohnen. Beachtet werden muss hierbei jedoch, dass die Anzahl der aktuell aktiv betriebenen Pflegeheime (11.688) die der betreuten Wohnanlagen (7.195) deutlich übersteigt.

    Sehr geringe Bauaktivität in Berlin

    So zeigt sich, dass sich im Bereich der Pflegeheime der Großteil der insgesamt verfügbaren Standorte bereits im Betrieb befinden. Sehr geringe Bauaktivitäten zeigt dabei Berlin (1 Prozent aller Standorte dort sind im Bau oder in Planung), was vermutlich auf die Situation Berlins als Stadtstaat mit begrenzten räumlichen Ressourcen zurückzuführen ist.

    So zeigt sich, dass sich im Bereich der Pflegeheime der Großteil der insgesamt verfügbaren Standorte bereits im Betrieb befinden. Sehr geringe Bauaktivitäten zeigt dabei Berlin (1 Prozent aller Standorte dort sind im Bau oder in Planung), was vermutlich auf die Situation Berlins als Stadtstaat mit begrenzten räumlichen Ressourcen zurückzuführen ist. Auch Hamburg, Schleswig-Holstein, Sachsen-Anhalt und Thüringen zeigen nur sehr geringe Bauaktivitäten (2 Prozent). Am stärksten zeigt sich die Bauaktivität in Baden-Württemberg. Hier sind 7 Prozent aller Pflegeheime aktuell im Bau oder in Planung. Eine Auffälligkeit, die sich womöglich auf die vor zwei Jahren in Kraft getretene Einzelzimmerquote zurückführen lässt, in deren Umsetzung hunderte Pflegeplätze verloren gingen, die nun wieder aufgebaut werden müssen.

    Ungleich deutlichere Unterschiede zeigt jedoch der Bereich des betreuten Wohnens – zwar zeigt sich Baden-Württemberg auch hier mit überdurchschnittlicher Bauaktivität (12 Prozent), hier zeigt sich jedoch Niedersachsen (13 Prozent) und Rheinland-Pfalz (14 Prozent) als noch einmal deutlich stärker.

    Ungleich deutlichere Unterschiede zeigt jedoch der Bereich des betreuten Wohnens – zwar zeigt sich Baden-Württemberg auch hier mit überdurchschnittlicher Bauaktivität (12 Prozent), hier zeigt sich jedoch Niedersachsen (13 Prozent) und Rheinland-Pfalz (14 Prozent) als noch einmal deutlich stärker. Interessant ist hierbei Thüringen – bildete das neue Bundesland noch eines der Schlusslichter im Bereich der vollstationären Pflege, liegt es im betreuten Wohnen bei einer Bautätigkeit von 10 Prozent. Zu den beiden Betreibern mit der höchsten Bautätigkeit zeigen sich dort advita und die Schönes Leben Gruppe.