Das erste Quartal 2023 war im Bereich der M&A Transaktionen spürbar von Übernahmen aus Insolvenzmassen geprägt, die insbesondere zu Jahresbeginn den Pflegemarkt ordentlich in Bewegung brachten. Gleichzeitig ist gerade im Vergleich zum Vorjahreszeitraum ein deutlicher Rückgang des Transaktionsvolumens zu verzeichnen – insbesondere der Bereich der operativen Übernahmen zeigt ein eher zurückhaltendes Verhalten, während sich die Transaktionen im Immobilienbereich auf dem eher niedrigen Vorjahresniveau einpendeln.


Inhaltsverzeichnis:

Im ersten Quartal 2023 gab es rund 45 Transaktionen auf dem Pflegemarkt – insgesamt 26 der Übernahmen entfielen auf den Bereich der Betriebsübernahmen, 19 auf den Bereich der Immobilienübernahmen. Im Bereich der Betriebsübernahmen prägten vor allem viele kleinere Übernahmen den Markt – insgesamt wurden 64 Einrichtungen übernommen.

M&A: Betriebliche Übernahmen

Insgesamt wurden im Rahmen der Betriebsübernahmen 17 Pflegeheime mit ca. 1.397 Betten, 14 Betreute Wohnanlagen mit ca. 315 Wohneinheiten, 10 Tagespflegeeinrichtungen mit ca. 160 Plätzen, 15 Pflegedienste mit ca. 1.481 Versorgungen und 8 Wohngemeinschaften mit ca. 65 Plätzen übernommen. Die Anzahl der übernommenen Versorgungen ist im Vergleich zum Vorjahreszeitraum deutlich zurückgegangen – insbesondere die Anzahl der übernommenen Plätze im Bereich der Pflegeheime und die Anzahl der ambulant versorgten Patienten sind rückläufig, während teilstationäre Versorgungen im Bereich der Tagespflege und des Betreuten Wohnens einen deutlich höheren Anteil an den übernommenen Versorgungen übernehmen. Insgesamt ist jedoch ein deutlich geringerer Anteil an Betriebsübernahmen festzustellen.

Antaris mit größter Übernahme im ersten Quartal

M&A Analyse Q1 2023 - Betriebsuebernahmen

Der größte Deal des ersten Quartals 2023 geht direkt auf die insolvente Convivo zurück: Die ANTARIS Seniorenresidenzen Nord Beteiligungsgesellschaft mbH hat Anfang 2023 sämtliche Anteile an der Convivo Nova GmbH mit Sitz in Kirchbarkau (Schleswig-Holstein) übernommen; von Dezember 2020 bis Ende Januar 2023 war Torsten Gehle, Geschäftsführer der insolventen Convivo We GmbH, auch Geschäftsführer der Convivo Nova GmbH.

Die Convivo Nova GmbH betreibt in Schleswig-Holstein fünf vollstationäre Pflegeeinrichtungen mit insgesamt 435 Plätzen. Die Einrichtungen haben eine Einzelzimmerquote von durchschnittlich 98 Prozent und einen durchschnittlichen Kostensatz von 2.111,07 Euro (Durchschnitt in Schleswig-Holstein: 2.053,88 Euro). Der ursprünglich als Nova Viva GmbH gegründete Betreiber fusionierte 2015 mit der Nova Viva Tensfeld GmbH. Nach dem Eintritt von Torsten Gehle als Geschäftsführer im Dezember 2020 wurde die Gesellschaft im Mai 2021 in Convivo Nova GmbH umbenannt. Mit der Insolvenz der Convivo Nova hat die ANTARIS Seniorenresidenzen Nord Beteiligungsgesellschaft mbH die Gesellschaft übernommen. Neue Geschäftsführerin ist Frau Sandra dos Santos.

Eine komplette Übersicht der bisherigen Standortübernahmen der insolventen Convivo lesen Sie in unserem Leitartikel.

Domidep verstärkt sich mit Neubauten

Fast ebenso viele neue Versorgungen wie die ANTARIS kann die DOMIDEP im ersten Quartal durch Übernahmen verzeichnen: Wie unsere Recherchen ergaben, hat die DOMIDEP inzwischen auch die Nordik-Care Bennigsen GmbH, die Nordik-Care Holzminden GmbH sowie die Nordik-Care Northeim GmbH übernommen. Zusammen mit der Nordik-Care Seesen GmbH bilden diese drei Gesellschaften das gesamte im Bau befindliche Portfolio der Betreibergruppe “Nordik-Care”. Diese konzentriert sich nach eigenen Angaben auf den Betrieb von Pflegeeinrichtungen und seniorengerechten Wohnungen in Norddeutschland. Der Schwerpunkt liegt in Niedersachsen und Schleswig-Holstein, wo der Betreiber auch seinen Sitz hat.

Derzeit befinden sich 4 Standorte in der Realisierung und weitere 5 Standorte in der Planung mit dem Ziel, 1.000 Pflegeplätze zu erreichen. An jedem Standort entstehen eine Pflegeeinrichtung und seniorengerechte Wohnungen. Es handelt sich ausschließlich um Neubauten mit überwiegend Einzelbetten in den Pflegeeinrichtungen. Die vier bereits realisierten Standorte befinden sich in Holzminden, Northeim, Bennigsen und Seesen. Damit hat die Domidep alle im Bau befindlichen Standorte der Nordik-Care-Gruppe übernommen. Die noch in Planung befindlichen Standorte verbleiben vorerst bei der Nordik-Care-Gruppe, die eine 100%ige Tochter der GesA-mbH ist. Geschäftsführer aller drei Gesellschaften ist Kenneth Jack Woods.

Specht Gruppe verstärkt sich ebenfalls

Auch die Specht Gruppe zeigt sich im ersten Quartal sehr aktiv. Neben der Übernahme der Seniorenresidenz Kaemena Hof in Bremen-Oberneuland von der Emvia hat die Specht Gruppe aus Bremen am 7. März 2023 den Kaufvertrag zum Erwerb von drei Alten- und Pflegeheimen in Emden, Einbeck und Garbsen in Niedersachsen unterzeichnet. Für die Einrichtungen in Emden und Einbeck hat die Specht Gruppe neben den jeweiligen Immobilien auch die Betreibergesellschaften erworben. Verkäuferin der drei Einrichtungen ist die gemeinnützige Altenheim-Stiftung mit Sitz in Hannover.

M&A: Immobilienübernahmen

Insgesamt wurden 11 Pflegeheime mit über 920 Betten, 6 betreute Wohnanlagen mit ca. 460 Wohneinheiten, 3 Tagespflegeeinrichtungen mit ca. 60 Plätzen und 2 Wohngruppen mit 24 Plätzen im Rahmen von Immobilienübernahmen übernommen. Wie bereits im Vorjahreszeitraum konzentrieren sich die Immobilienübernahmen verstärkt auf den vollstationären Bereich. Im Vergleich zum Volumen der Immobilienkäufe im Vorjahreszeitraum sind keine großen Veränderungen festzustellen. Hier pendelt sich der Immobilientransaktionsmarkt auf dem – im Vergleich zu den Vorjahren – eher niedrigen Niveau von 2022 ein.

Größte Immobilienübernahmen von AIF Capital

M&A Analyse Q1 2023 - Immobilienuebernahmen

Die größten Immobilienakquisitionen im ersten Quartal 2023 gehen auf das Konto von AIF Capital. Neben der Übernahme einer im Bau befindlichen betreuten Wohnanlage im Saarland erwarb das Unternehmen drei Immobilien in Lübeck, Sulzbach und Wetzlar mit einer Gesamtmietfläche von 20.300 Quadratmetern aus dem sogenannten LaVie-Portfolio”.

Mit dem Zukauf will die Gesellschaft die Standort- und Betreiberdiversifikation des mittlerweile fünfzehn Objekte umfassenden Anlagevehikels verbessern. Verkäufer ist ein Joint Venture der AG Real Estate aus Brüssel und der Cardif Lux Vie aus Luxemburg. Zum Kaufpreis wurde Stillschweigen vereinbart.

Die drei stationären Pflegeeinrichtungen in Hessen, Bayern und Schleswig-Holstein verfügen über eine Kapazität von insgesamt 353 Pflegeplätzen und eine Einzelzimmerquote von rund 90 Prozent. Die Einrichtung in Lübeck wird von STB Care betrieben und verfügt über 100 vollstationäre Pflegeplätze, Sulzbach, betrieben von Procurand, über 119 und der größte Standort in Wetzlar, betrieben von Alloheim, über 114 Pflegeplätze. Hinzu kommen 20 Wohneinheiten im Bereich des Betreuten Wohnens.

Sonst eher kleine Übernahmen

Die Zukäufe von AIF Capital erweisen sich jedoch durchweg als die größten Akquisitionen auf dem Immobilienmarkt. Die anderen Marktteilnehmer zeigen deutlich geringere Ambitionen mit deutlich geringeren Transaktionsvolumina. Mit nur 19 übernommenen Immobilien im ersten Quartal 2023 sind die Nachwirkungen der Unsicherheiten des letzten Jahres aufgrund steigender Energiepreise und eines rückläufigen Immobilienmarktes noch deutlich spürbar – auch die zunehmenden Insolvenzen im Pflegemarkt scheinen die Investitionsfreude der Immobilienspezialisten vorerst zu dämpfen.