Die immer stärkere Verzahnung der einzelnen Sektoren machen Pflegebedarfsplanungen immer schwieriger. Dass die amtlichen Zahlen zur Pflege zudem nur alle zwei Jahre publiziert werden und auch an ihrem Erscheinungstag nicht mehr den aktuellsten Entwicklungen entsprechen verschärft das Problem weiter. Die Betrachtung der offiziellen Pflegebedarfsstatistik, ermöglicht jedoch im Folgenden einen strukturierten und aktuellen Überblick über den aktuellen Versorgungsstand in Deutschland.

Inhaltsverzeichnis:

  • Versorgung mit unterschiedlichen Schwerpunkten
  • Pflegebedarfsplanung auch auf Landkreisebene möglich
  • Wie wichtig aktuelle Daten sind, die sich nicht nur auf die amtlichen Quellen beziehen zeigt schon ein Vergleich der aktuellen Zahlen. Neben den klassischen Segmenten der ambulanten und vollstationären Pflege nehmen Angebote für Tagespflege und betreutes Wohnen mittlerweile erheblichen Einfluss auf den Markt, finden aber aufgrund fehlender einheitlicher Definitionen und Regelungen keine Berücksichtigung in statistischen Auswertungen. Nicht zuletzt die Kommunen, in deren Aufgabenbereich im Zuge des Pflegestärkungsgesetzes 3 (PSG 3) die Koordinierung und Steuerung der Pflege- und Beratungsangebote fällt, tun sich schwer. Unter diesen Gesichtspunkten hat pflegemarkt.com auf Basis der Pflegedatenbank eine Pflegebedarfsstatistik entwickelt, die eine Darstellung aktueller Versorgungsquoten auf Regionalebene ermöglicht und auch mit Hilfe von Daten zu Pflegeangebote im Bau und in Planung, sowie prognostizierten Bevölkerungszahlen einen Blick in die Zukunft ermöglicht.

    Pflegebedarfsstatistik 2019 - Versorgungsquote der Bundesländer

    Die aktuellsten amtlichen Zahlen von Destatis beziehen sich noch auf das Jahr 2017: Hier wurden 11.241 Pflegeheime mit 876.867 vollstationären Pflegeplätzen gezählt – die Daten der Pflegedatenbank entsprechen diesen Daten bis auf kleinsten prozentualen Abweichungen -> Mittlerweile ist die Zahl für Mitte 2019 auf mehr als 11.400 Pflegeheime mit rund 878.250 Betten angewachsen.

    Bei Pflegediensten, deren Wachstum deutlich fluider stattfindet, zählt das statistische Bundesamt für 2017 etwa 14.050 Pflegedienste, während die Zahlen der Pflegedatenbank von von geringfügig mehr Pflegediensten ausging. Mittlerweile ist die Anzahl der Pflegedienste im Jahr 2019 auf nunmehr rund 15.500 Standorte gewachsen, was einer Steigerung von mehr als 10 Prozent entspricht.

    Zudem darf der, nicht zuletzt durch die Heimgesetzte ausgelöste, aktuelle Bauboom in der Pflege nicht unterschätzt werden. So befinden sich aktuell rund 415 Pflegeheime mit mehr als 32.000 Plätzen und rund 630 betreute Wohnungen mit rund 18.000 Wohneinheiten aktuell im Bau oder in Planung.

    Versorgung mit unterschiedlichen Schwerpunkten

    Besondere Relevanz in der Prognose von Bedarfsanalysen hat die Bevölkerungsschicht im fortgeschrittenen Alter. Die zugrunde liegende Analyse basiert auf der Altersgruppe ab 75 Jahren. In Deutschland werden rund 28,7 Prozent aller Einwohner ab 75 Jahren durch professionelle Angebote versorgt. Rund 10 Prozent fallen dabei auf die vollstationäre Versorgung, mehr als 17 Prozent auf die ambulante und weniger als 1 Prozent auf die Versorgung durch Tagespflege (siehe Grafik 1). Besonders hoch ist der Anteil an versorgten Patienten in Mecklenburg-Vorpommern. Hier kann mehr als jeder dritte Einwohner ab 75 Jahren durch einen professionellen Pflegeanbieter versorgt werden. Auch der Anteil der ambulanten Versorgung zeichnet sich hier als sehr hoch ab – mit mehr als 25 Prozent wird Mecklenburg-Vorpommern auch im ambulanten Sektor im Bundesländervergleich am besten versorgt. Auch in der vollstationären Versorgung sind teils erhebliche regionale Abweichungen festzustellen. Bereits auf Bundeslandebene schwankt die Versorgungsquote zwischen 9,4 Prozent in Brandenburg und 13,7 Prozent in Schleswig-Holstein; dies bedeutet, dass Schleswig-Holstein die bundesweit höchste Dichte stationärer Pflegeplätze in Relation zur Bevölkerung ab 75 Jahre aufweist. Auf der anderen Seite ergeben sich regional große Chancen für Betreiber, in Bereichen mit einer niedrigen Quote aktiv zu werden. Neben Großstädten wie München (5,8 Prozent) und Düsseldorf (8,95 Prozent) ergibt die Analyse teils auch für weitere große und größere Städte mit bis zu 100.000 Einwohnern eine deutlich unterdurchschnittliche Versorgungsquote im stationären Segment.

    Neben den allgemeinen Bundeslandvergleich sollten durch die offizielle Pflegebedarfsstatistik auch einzelne Landkreise und Gemeinden mit einer Pflegebedarfsplanung versehen werden können. Dafür benötigt es eine Verknüpfung der Pflegeangebote mit demografischen IST- und Prognosedaten, um die Angebote in Abhängigkeit zur Bevölkerung darstellen zu können. Auch bereits im Bau befindliche und geplante Einrichtungen müssen bedacht werden.

    Pflegebedarfsplanung auch auf Landkreisebene möglich

    Als Beispiel dient der Landkreis Diepholz in Niedersachsen. Der Bedarf an Pflegeplätzen wird, aufgrund der älter werdenden Bevölkerung, für das Jahr 2020 auf 2.483 und für das Jahr 2025 auf 2.683 Pflegeplätze geschätzt. Aktuell weist Diepholz einen Bestand von 2.589 Pflegeplätzen auf. Zudem befinden sich zwei betreute Wohnanlagen und zwei Tagespflegen im Bau. Dies deckt zumindest bis 2020 den Bedarf an Pflegeplätzen, danach übersteigt jedoch der Bedarf jedoch die vorhandenen Ressourcen. Diese Analyse zeigt einen weiteren Schwachpunkt der amtlichen Zahlen: In diesen werden betreute Wohnanlagen nicht erfasst, was eine präzise Planung erschwert.

    Pflegebedarfsstatistik 2019 - Pflegebedarfsplanung

    Aufgrund fehlender Reglementierung und nicht einheitlicher Definitionen fällt die Datenerhebung hier umso schwerer. Im Zuge der Ambulantisierung und der zunehmend verschmelzenden Abgrenzungsmöglichkeiten der einzelnen Segmente des Pflegemarktes nimmt die Bedeutung des betreuten Wohnens weiter zu. Bundesweit befinden sich derzeit rund 626 solcher Einrichtungen entweder in der Planung oder bereits im Bau. Zum Vergleich: Im Segment der Pflegeheime gibt es mit aktuell 414 Bauprojekten deutlich weniger Einheiten.

    Insgesamt beläuft sich die Zahl der Einrichtungen auf etwa 6.000 bis 7.000 Standorte, je nach Zählweise. Entscheidend ist, dass jedem Bewohner eine eigene, abschließbare Wohnung zur Verfügung steht und Pflegeleistungen hinzugebucht werden können. Die exakte Bedarfsermittlung schwankt derzeit noch stark – während optimistische Rechnungen von einem Bedarf in Höhe von 5 Prozent der Bevölkerung ab 65 Jahre ausgehen, ist im Zusammenhang der segmentübergreifenden Pflegebedarfsstatistik ein realistischer Bedarf in Höhe von 2,5 Prozent der Bevölkerung ab 65 Jahre anzunehmen. Fakt ist, dass selbst bei dieser Quote die aktuelle Deckung des Bedarfs bei unter 70 Prozent liegt und somit weiterhin Wachstumspotenzial bildet.