Der deutsche Pflegemarkt befindet sich fest in französischer Hand. Neben den ohnehin starken Akteuren wie Korian und Orpea, befinden sich dank Übernahmen auch weitere Pflegeheimbetreiber unter französischem Einfluss. Und auch in Europa kann unser Nachbar seine Stellung behaupten.

Der europäische Markt wird klar von französischen Betreibern dominiert.

„Le soin est français.“ Das Ranking der 25 größten Pflegeheimbetreiber in Europa wird klar französisch dominiert. Neben Korian und Orpea, die beide auch in Deutschland führende Rollen unter den größten inländischen Pflegeheimbetreibern einnehmen, stammen noch sechs weitere Pflegeheimbetreiber im Ranking aus Frankreich. Insgesamt verwalten die französischen Top-Betreiber über 2.300 Pflegeheime mit mehr als 227.000 Betten. Mit 1.100 Häusern und 68.300 Betten bilden die sechs Pflegeheimbetreiber aus England die zweitstärkste Länderfraktion. Deutsche Unternehmen spielen auf europäischer Bühne noch eine eher untergeordnete Rolle. Unter den 25 Top Unternehmen befinden sich sechs Betreiber aus Deutschland, die an 570 Standorten insgesamt rund 63.500 Betten betreiben. Schweden und Spanien treten jeweils zwei Mal im Ranking in Erscheinung und betreiben 19.462 (Schweden) und 13.600 (Spanien) Pflegebetten. Aus Italien und Belgien stammt jeweils ein Mitglied der Top 25 mit 4.500 und 14.000 Plätzen, wobei die Belgische Armonea Group mit der DPUW Deutsche Pflege und Wohnen auch in Deutschland aktiv ist. Derweil zeigt sich der internationale Pflegemarkt auch als sehr aktiv – erst im April 2018 wuchs DomusVi, ein weiterer Pflegeheimbetreiber aus Frankreich, weiter nach Südeuropa, als es das portugiesische Unternehmen Carlton Life S.A. übernahm. Auch Korian wächst neben seinem Bestreben in Deutschland auch in ganz Europa weiter: Im Oktober schloss Korian in Frankreich eine Entwicklungspartnerschaft mit CAREIT. Sie wollen gemeinsam beim Bau neuer Anlagen in Frankreich kooperieren. Insgesamt betreiben die 25 größten Unternehmen Europas 411.078 Betten an 4526 Standorten.

Auf dem ersten Platz der Top 25 Betreiber in Europa steht Korian.

So ist es kein Wunder, dass der größte Pflegeheimbetreiber Europas auch Marktführer in Deutschland ist. Hierzulande betreibt Korian 236 Pflegeheime mit mehr als 25.700 Plätzen. Auch Orpea, Rang 2 bei den Top-Betreibern Europas, kann sich bei uns behaupten: Mit 138 Pflegeheimen und knapp 12.500 Pflegebetten belegt Orpea den vierten Rang der deutschen Top 30. Zudem kann Orpea im vierten Quartal ein Wachstum in Deutschland verzeichnen: Die Axion-Gruppe mit sieben Häusern ist zukünftig Teil des französischen Konzerns und erweitert das Portfolio von Orpea insbesondere im Premiumsegment.

Neben Unternehmen, die bereits ursprünglich aus Frankreich stammen, wechseln auch bereits bestehende Unternehmen die Inhaberschaft auf die französische Seite. So investierte vergangenes Jahr das französische Private Equity Unternehmen Chequers Capital in Emvia Living. Bis zum Sommer dieses Jahres gehörte auch die Deutsche Fachpflege Gruppe zu Chequers Capital, ehe sie von Advent International übernommen wurde. Auch die Silver Care Holding gehörte, vor ihrem Verkauf an Orpea, zu dem französischen Investor. Und erst diesen November konnte sich der Investor Maisons de famille die Mehrheitsanteile an Dorea sichern. Die Dorea-Gruppe hat mit 23 Zukäufen in den letzten drei Jahren ein extrem schnelles Wachstum hingelegt und betreibt aktuell 58 Pflegeeinrichtungen mit 5.500 Betten sowie sieben ambulante Pflegedienste mit 900 Plätzen. Insgesamt werden 4.100 Mitarbeiter einen für 2018 prognostizierten Umsatz von rund 200 Millionen Euro erwirtschaften.
Investor Maisons de famille gehört zu Creadev, der strategisch und langfristig orientierten Investmentgesellschaft der Mulliez-Familie und besitzt in 35 Ländern weltweit Unternehmen in verschiedenen Dienstleistungsbranchen. Unter anderen betreibt MdF insgesamt 84 Pflegeeinrichtungen in Frankreich, Italien und Spanien mit derzeit insgesamt 10.950 Betten. Die Strategie der französischen Betreiberliegt somit klar auf dem konsequenten Wachstum in ganz Europa.

Von den 25 Top Unternehmen sind nur 11 auch in Europas größtem Markt, dem deutschen Pflegemarkt, aktiv. Bei Unternehmen wie Domus Vi und die britische HC-One ist ein Marktstart in Deutschland ist jedoch noch nicht abzusehen.

Doch nicht nur der Betrieb deutscher Pflegeheime wird zunehmen mit internationalem Einschlag getätigt. Auch Pflegeimmobilien selbst befinden sich zunehmend in der Hand europäischer Investoren. So stammen gleich die beiden größten Immobilien-Investoren 2018 aus Belgien: Cofinimmo und Aedifica erwarben zusammen dieses Jahr über 3.400 Pflegeheimbetten in mehr als 35 Pflegeheimen. Somit zeichnet sich auch im Immobilienmarkt für Pflegeheime eine zunehmend internationale Note ab, die sich in den kommenden Jahren womöglich noch weiter verstärken wird. Laut eigenen Aussagen besteht zudem mittlerweile mehr als die Hälfte der zu Cofinimmo gehörenden Immobilien aus Immobilien, die dem Gesundheits- und Pflegebereich zuzuordnen sind. Laut eigenen Angaben gehören Cofinimmo insgesamt 7.600 Betten, wobei knapp die Hälfte (47 Prozent) auf den belgischen Markt fällt. Der Rest teilt sich auf Frankreich (22 Prozent), Deutschland (20 Prozent) und die Niederlande (11 Prozent) auf. Auch der schwedische Betreiber Hemsö vergrößert sein Portfolio an deutschen Pflegeheimen weiter – erst kürzlich mit dem Ankauf einer Immobilie in Brandenburg und einem Investitionsvolumen von rund 13 Millionen Euro.

Die deutschen Unternehmen im Ranking der Top 25 in Europa hingegen zeigen derzeit noch keine Expansionsstrategie über die Ländergrenze hinaus und konzentrieren ihre Angebote auf das Bundesgebiet. Bis auf die Renafan Gruppe lassen sich keine deutschen Expansionsbestrebungen erkennen, die über die heimatlichen Grenzen hinausgehen. Der Pflegedienstbetreiber aus Berlin expandiert aktuell nicht nur nach Österreich, sondern hat mittlerweile auch Fuß in China gefasst und damit einen gänzlich neuen Markt erschlossen. Erst Anfang November eröffnete der Pflegedienst seinen zweiten Standort in China – in Jiaozuo (Provinz Henan) und bietet dort fortan stationäre Pflege. Damit bildet Renafan jedoch eine Ausnahme unter deutschen Pflegeanbietern.

Die Vormachtstellung französischer Betreiber in Europa und Deutschland ist nicht von der Hand zu weisen – zudem werden die bisherigen Erfolge und das gesammelte Know-How ihnen wohl auch in Zukunft einige entscheidende Vorteile verschaffen.