Das erste Quartal 2023 war für den Pflegemarkt eine herausfordernde Zeit. Leider kam es zu mehreren Insolvenzen von Pflegeheimen und Pflegediensten, die auf eine Kombination verschiedener Faktoren zurückzuführen sind. In diesem Artikel werfen wir einen detaillierten Blick auf die betroffenen Unternehmen, ihre Standorte und die Kunden, die sie betreuen.

Inhaltsverzeichnis:

37 Insolvenzen in der Pflegebranche im ersten Quartal 2023

    Insgesamt waren im ersten Quartal 38 Unternehmen der Pflegebranche von Insolvenzen betroffen. Gezählt wurde nur die oberste Betreiberebene, so dass ein Convivo mit mehreren Tochtergesellschaften nur als eine Insolvenz zählt. Insgesamt waren 33 private und 4 freigemeinnützige Unternehmen von Insolvenzen betroffen.

    Obwohl die genauen Gründe für die Insolvenzen von Unternehmen in der Pflegebranche variieren, gibt es einige gemeinsame Faktoren, die zur Krise beitragen. Einer der wichtigsten Faktoren ist der zunehmende Kostendruck, dem die Pflegeunternehmen aufgrund der steigenden Kosten für medizinische Versorgung und Pflege, der allgemeinen Kostensteigerung durch Inflation und nicht zuletzt durch die Tarifbindung ausgesetzt sind. Die Corona-Pandemie hat die Situation weiter verschärft, indem sie die Pflegebranche vor enorme Herausforderungen gestellt hat, mit denen die Unternehmen bisher nicht konfrontiert waren.

    Insolvenzen in der Pflegebranche haben schwerwiegende Folgen für die betroffenen Unternehmen und ihre Kunden. Für die Unternehmen bedeutet dies häufig die Übernahme durch andere Unternehmen oder den Verkauf ihrer Einrichtungen. Für die Kunden bedeutet dies häufig Unsicherheit und Veränderungen in ihrer Pflegeversorgung. Es ist daher wichtig, dass die Branche und die Regierung gemeinsam an Lösungen arbeiten, um die finanzielle Stabilität in der Pflegebranche zu verbessern und den betroffenen Unternehmen und Kunden zu helfen.

    Unterscheidung: Schutzschirm- und Insolvenzverfahren

    Der wesentliche Unterschied zwischen einem Insolvenzverfahren und einem Schutzschirmverfahren besteht darin, dass das Insolvenzverfahren ein gerichtliches Verfahren ist, bei dem das betroffene Unternehmen zahlungsunfähig ist und versucht, seine Gläubiger zu befriedigen, während das Schutzschirmverfahren eine außergerichtliche Lösung ist, bei der das Unternehmen eine Frist von bis zu drei Monaten hat, um ein Sanierungskonzept zu entwickeln und umzusetzen. Im Schutzschirmverfahren bleibt das Unternehmen handlungsfähig und behält die Kontrolle über seine Geschäftsaktivitäten, während es sich im Insolvenzverfahren einem Insolvenzverwalter unterwerfen muss. Aus diesem Grund sind Unternehmen im Schutzschirmverfahren wie Curata in der Gesamtzahl der Insolvenzen in der Pflegebranche im ersten Quartal 2023 nicht enthalten.

    In der vorliegenden Analyse wurden alle Betreiber aus der Pflege berücksichtigt, bei denen zwischen dem 01.01.2023 und dem 31.03.2023 laut Handelsregister ein Insolvenzverfahren eröffnet wurde oder Sicherungsmaßnahmen gerichtlich festgestellt wurden. Die Insolvenzeröffnung ist der Zeitpunkt, an dem das Insolvenzgericht das Verfahren eröffnet und damit dem Insolvenzantrag offiziell zustimmt. Das bedeutet, dass das Unternehmen sich nicht mehr selbst verwalten darf und ein Insolvenzverwalter bestellt wird, der die Geschäfte führt. Mit der Eröffnung des Verfahrens beginnt also das eigentliche Insolvenzverfahren.

    Eine weitere wichtige Maßnahme im Insolvenzverfahren ist die Anordnung von Sicherungsmaßnahmen. Dabei handelt es sich um eine Anordnung des Insolvenzgerichts, die dazu dient, das Vermögen des Unternehmens vor weiteren Verlusten zu schützen. Das Gericht kann zum Beispiel den Gläubigern die Einziehung von Forderungen untersagen oder das Unternehmen verpflichten, keine neuen Verträge abzuschließen. Außerdem kann das Vermögen des Unternehmens beschlagnahmt oder eingezogen werden, um es vor weiteren Verlusten zu schützen.

    Mehr als 7.000 vollstationäre Pflegeplätze betroffen

    Die Insolvenzen im ersten Quartal 2023 haben erhebliche Auswirkungen auf den Pflegemarkt in Deutschland. Insbesondere für Unternehmen, die in diesem Bereich tätig sind, können die zahlreichen Insolvenzen eine beunruhigende Entwicklung darstellen. Die von Insolvenzen betroffenen Betreiber stellten insgesamt 57 Pflegedienste, 96 Pflegeheime, 35 Tagespflegen, 61 Betreutes Wohnen und 41 Wohngruppen.

    Insgesamt waren damit 7.081 vollstationäre Pflegeplätze, 472 Plätze in der Tagespflege, 3.252 Plätze im Betreuten Wohnen, 502 Plätze in Wohngruppen und 3.593 ambulant versorgte Pflegebedürftige betroffen.

    Insolvenzen in der Pflegebranche beeinflussen nicht nur die betroffenen Betreiber, sondern haben auch Auswirkungen auf andere Akteure der Branche, wie z.B. Lieferanten. Insbesondere Lieferanten können vor Herausforderungen stehen, da sie möglicherweise Forderungen gegenüber insolventen Unternehmen haben.

    Vor diesem Hintergrund ist es wichtig, dass Unternehmen in der Pflegebranche ihre Geschäftsaktivitäten sorgfältig überwachen und auf Veränderungen im Marktumfeld reagieren. Insbesondere sollten Unternehmen ihre finanzielle Stabilität und Liquidität überprüfen, um sicherzustellen, dass sie in der Lage sind, den Herausforderungen der Branche zu begegnen.

    Meiste betroffenen Plätze und Versorgungen gehen auf große Betreiber zurück

    Rund 65 Prozent der von Insolvenzen betroffenen Betreiber haben nur einen Standort – etwa 30 Prozent haben zwei bis zehn Standorte – und nur zwei Betreiber (Convivo und Hansa) haben mehr als zehn Standorte – der größte Teil der von Insolvenzen betroffenen Einrichtungen ist also auf die Insolvenzen von zwei großen Betreibern zurückzuführen.

    Beide Großinsolvenzen werden von Rechtsanwalt Dr. Malte Köster von der Kanzlei WILLMERKÖSTER als Insolvenzverwalter betreut.

    Dr. Malte Köster ist Gründungspartner und geschäftsführender Gesellschafter der Kanzlei. Als Insolvenzverwalter und Sachwalter gehört er zu den renommiertesten Insolvenzrechtlern in Deutschland.