Nicht nur Senior:innen benötigen Pflege – auch junge Menschen unter 65 Jahren, die durch einen Unfall oder eine Krankheit pflegebedürftig geworden sind, benötigen oftmals professionelle Unterstützung. Im Folgenden werden die Anzahl der Pflegebedürftigen in der Kinder- und Jugendbetreuung sowie die bereits vorhandenen Kapazitäten und Angebote in diesem Segment dargestellt, um Ihnen den Einstieg in den Markt zu erleichtern.

Inhaltsverzeichnis:

  • Warum Angebote für junge Pflege relevant sind
  • Rechtliche Rahmenbedingungen
  • Anzahl an jungen Pflegebedürftigen
  • Anzahl und Statistik der Pflegedienste und Pflegeheime mit Spezialisierung auf junge Pflege und Kinderpflege

  • Warum Angebote für junge Pflege relevant sind

    Die Unterbringung junger Pflegebedürftiger in klassischen Alten- oder Behinderteneinrichtungen ist in vielen Fällen nicht optimal. Die Bedürfnisse junger Menschen, die durch Unfälle, Krankheiten oder neurologische Erkrankungen pflegebedürftig geworden sind, unterscheiden sich von denen älterer Menschen. Eine rein pflegerische Versorgung reicht oft nicht aus, um ein möglichst selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen. Hinzu kommt, dass junge Pflegebedürftige in der Regel länger in Pflegeeinrichtungen verbleiben als ältere Menschen, was den Bedarf an spezifischen Angeboten erhöht. Junge Pflegebedürftige sind in der Regel auch auf ein lebendiges Umfeld angewiesen, in dem sie Freizeitangebote wie Kinos, Cafés und Sporteinrichtungen nutzen können. Daher ist es wichtig, spezielle Angebote für junge Pflegebedürftige zu schaffen, die auf ihre Bedürfnisse zugeschnitten sind und ihnen ein möglichst selbstbestimmtes Leben ermöglichen.

    Rechtliche Rahmenbedingungen

    Eine Pflegeeinrichtung der „Jungen Pflege“ entspricht einer SGB XI-Einrichtung, für die es im Einzelfall auch andere Kostenträger (z.B. Berufsgenossenschaft) gibt. Die Versorgung junger Pflegebedürftiger in speziellen Pflegeeinrichtungen stellt eine Herausforderung dar. Es gibt zwar Einrichtungen für junge Pflegebedürftige, aber keinen bundesweit einheitlichen Anspruch auf gesonderte Leistungen für diese Gruppe. Mit den Kostenträgern können individuelle Vergütungsvereinbarungen getroffen und erhöhte Pflegesätze individuell ausgehandelt werden. Eine Alternative besteht darin, in einer “klassischen” Senioreneinrichtung einen separaten Wohnbereich für jüngere Pflegebedürftige einzurichten. Allerdings sind Umbaumaßnahmen oft mit erheblichen Kosten verbunden, so dass eine Prüfung der Refinanzierbarkeit erforderlich ist. Die Einrichtung einer speziellen “Jungen Pflege” kann für junge Pflegebedürftige eine wesentliche Verbesserung ihrer Lebenssituation bedeuten.

    Anzahl an jungen Pflegebedürftigen

    Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes waren im Jahr 2021 rund 108.000 der etwa eine Million Pflegebedürftigen, die von ambulanten Diensten versorgt werden, im Alter von 20 bis unter 65 Jahren. Dies entspricht etwa zehn Prozent aller von ambulanten Diensten versorgten Patienten. Rund 10.000 der versorgten Pflegebedürftigen waren sogar jünger als 20 Jahre – dies entspricht 0,9 Prozent aller ambulant versorgten Pflegebedürftigen. In der amtlichen Statistik werden allerdings nur die von ambulanten Pflegediensten versorgten Pflegebedürftigen der Pflegegrade 1 bis 5 erfasst. Selbstzahler und Pflegebedürftige ohne Pflegestufe, die dennoch von ambulanten Pflegediensten versorgt werden, bleiben unberücksichtigt. Ebenfalls nicht enthalten ist die Zahl der jüngeren Pflegebedürftigen, die ausschließlich durch Angehörige oder in vollstationären Pflegeheimen versorgt werden.

    Von den rund 931.000 Pflegebedürftigen, die laut Statistischem Bundesamt im Jahr 2021 in vollstationären Pflegeheimen versorgt werden, sind rund 64.650 (6,9 Prozent) zwischen 20 und unter 65 Jahre alt. 492 (0,05 Prozent) sind sogar jünger als 20 Jahre – hier wird deutlich, dass gerade die jüngeren Pflegebedürftigen überwiegend ambulant und familiär versorgt werden.

    Insgesamt ergibt sich, dass im Jahr 2021 rund 183.000 Pflegebedürftige in professioneller Pflege unter 65 Jahre alt waren. Dies entspricht etwa 9,25 Prozent der laut Statistischem Bundesamt insgesamt 1.977.768 professionell versorgten Pflegebedürftigen. Insgesamt erhalten nach den aktuellen Zahlen rund 4,6 Millionen Pflegebedürftige Leistungen aus der Pflegeversicherung. Fast jeder Vierte von ihnen (23,6 Prozent) war jünger als 65 Jahre. Die Mehrheit der jüngeren Pflegebedürftigen wird also nicht von professionellen Pflegekräften, sondern von Angehörigen versorgt.

    Anzahl und Statistik der Pflegedienste und Pflegeheime mit Spezialisierung auf junge Pflege und Kinderpflege

    Von den insgesamt rund 17.100 Pflegediensten und 11.700 vollstationären Pflegeheimen in Deutschland bieten rund 300 Pflegeheime (2,6 Prozent) und 470 Pflegedienste (2,7 Prozent) spezialisierte Angebote der Kinder- und/oder Jungen Pflege an.

    Die vollstationären Pflegeheime bieten insgesamt 24.220 Plätze an, wobei nicht alle Plätze ausschließlich für die Junge Pflege bzw. Kinderpflege vorgesehen sind. In der Regel sind diese speziellen Angebote nur in Pflegeheimen eingestreut, die ansonsten klassische Altenpflege anbieten. Nur etwa jedes vierte Pflegeheim mit Angeboten der Jungen Pflege und Kinderpflege hat weniger als 40 Plätze, so dass davon ausgegangen werden kann, dass es sich hierbei um reine Kinder- und Jugendeinrichtungen handelt.

    Mit durchschnittlichen Kosten von 2.868,64 Euro liegen sie um 11 Prozent über den durchschnittlichen Pflegeheimkosten von rund 2.580 Euro (April 2023). Allerdings unterscheiden sich die Pflegeheime mit Angeboten der Kinder- und Jugendpflege weder in ihrer durchschnittlichen Größe (78 Plätze) noch in ihrem durchschnittlichen Baujahr (1988) nennenswert vom Bundesdurchschnitt. Auffällig ist lediglich, dass sie neben der jungen Pflege häufig weitere Spezialisierungen aufweisen, wie z.B. für Multiple Sklerose, Phase F oder Beatmung – dies ist jedoch nicht verwunderlich, da viele Pflegebedürftige in jungen Jahren gerade aufgrund solcher spezifischen Krankheitsbilder pflegebedürftig geworden sind und daher entsprechend weitergebildetes Fachpersonal benötigen.

    Gleiches gilt für die ambulanten Pflegedienste – wobei hier ein deutlicher Schwerpunkt auf der Beatmungspflege liegt, da die meisten Pflegedienste, die sich explizit auf die Pflege junger Menschen spezialisiert haben, in der Regel dem Bereich der ambulanten Kinderintensivpflege zuzuordnen sind.

    Ambulant versorgte Patienten - Kinderpflege/junge Pflege 2021 (Quelle: Destatis)

    wdt_IDBundeslandAmbulant versorgte Patienten bis unter 20 JahreAmbulant versorgte Patienten 20 bis unter 65 JahreAmbulant versorgte Patienten insgesamt, alle Altersgruppen
    1Baden-Württemberg8538.52893.597
    2Bayern1.09511.017123.401
    3Berlin1955.66141.563
    4Brandenburg3024.87146.518
    5Bremen731.1939.958
    6Hamburg2853.67624.755
    7Hessen6997.87372.928
    8Mecklenburg-Vorpommern2823.56433.484
    9Niedersachsen1.19811.245110.608
    10Nordrhein-Westfalen2.06225.161235.065
    BundeslandAmbulant versorgte Patienten bis unter 20 JahreAmbulant versorgte Patienten 20 bis unter 65 JahreAmbulant versorgte Patienten insgesamt, alle Altersgruppen