Der Bedarf an professionellen Pflegedienstleistungen steigt kontinuierlich mit der älter werdenden Bevölkerung. Der Ausbau ambulanter Versorgungs- und Wohnformen kommt gut voran und dennoch werden auch zukünftig Pflegeplätze in der stationären Versorgung nötig sein. Einer Modellrechnung von pflegemarkt.com zufolge gibt es in Deutschland bis 2040 etwas mehr als 5 Millionen Pflegebedürftige, etwa 1 Million Pflegebedürftige mehr als in der aktuellen Pflegestatistik des statistischen Bundesamtes für das Jahr 2019 ausgewiesen sind.

Inhaltsverzeichnis:

  • Regionale Gesetzgebung zeigen großen Einfluss auf die Versorgungsstruktur
  • Durchschnittliche Auslastung der Pflegeheime bei über 90 Prozent
  • Baden-Württemberg verliert Pflegeplätze
  • Besorgniserregender Rekord: In Nordrhein-Westfalen fehlen 14.500 Pflegeplätze
  • Neubauten und teilstationäre Angebote müssen Bedarf langfristig decken
  • Platzzahl der Tagespflege innerhalb von 12 Jahren vervierfacht
  • Große Herausforderungen prägen den Markt der Zukunft
  • Wenngleich auch der stetige Ausbau ambulanter Versorgungsformen berücksichtigt werden muss, zeigt sich doch ein kontinuierlicher Rückgang der Zahl verfügbarer Plätze in Pflegeheimen in Relation zur Bevölkerung und insbesondere zur Anzahl der Pflegebedürftigen, so dass bis 2040 voraussichtlich 1,32 Millionen Pflegeplätze benötigt werden, um dem entstehenden Bedarf gerecht zu werden. Dies entspricht etwa 400.000 zusätzliche Plätze im Vergleich zur aktuellen Versorgungssituation.

    Trotz der nominalen Zunahme der Pflegeplätze in Heimen von 765.000 im Jahr 2007 auf 877.000 in der aktuellen Publikation für das Jahr 2019 stehen in Relation zur Zahl der Pflegebedürftigen immer weniger Plätze zur Verfügung. Lag das Verhältnis 2007 noch bei 340,8 Pflegeplätzen pro 1.000 Pflegebedürftige, waren es 2019 nur noch 212,5 Plätze in Heimen je 1.000 Pflegebedürftige.

    Trotz der nominalen Zunahme der Pflegeplätze in Heimen von 765.000 im Jahr 2007 auf 877.000 in der aktuellen Publikation für das Jahr 2019 stehen in Relation zur Zahl der Pflegebedürftigen immer weniger Plätze zur Verfügung. Lag das Verhältnis 2007 noch bei 340,8 Pflegeplätzen pro 1.000 Pflegebedürftige, waren es 2019 nur noch 212,5 Plätze in Heimen je 1.000 Pflegebedürftige. Im Bundeslandvergleich alarmierend sind die Zahlen in Nordrhein-Westfalen und Brandenburg, dort standen 2019 mit 181,7 und 169,9 im Vergleich die wenigsten Plätze zur Verfügung.

    Regionale Gesetzgebung zeigen großen Einfluss auf die Versorgungsstruktur

    Während die Kapazitäten in brandenburgischen Pflegeheimen zumindest stetig zunehmen und das bestehende Defizit durch die vergleichsweise schnelle Überalterung der Bevölkerung, deren Ursache in der negativen Bevölkerungsentwicklung insbesondere jüngerer Bürger liegt, begründet werden kann, zeigt sich in Nordrhein-Westfalen nicht nur eine Stagnation, sondern sogar eine rückläufige Tendenz der Pflegeplätze in Heimen.

    Im Zeitraum von 2015 bis 2019 sank die Zahl der Pflegeplätze von ursprünglich 176.598 um 0,7 Prozent auf 175.367, während die Zahl der Pflegebedürftigen im gleichen Zeitraum um 51 Prozent zunahm. Das starke Wachstum der Pflegebedürftigen liegt unter anderem auch am Pflegestärkungsgesetz (PSG) II, mit dem der Pflegebedürftigkeitsbegriff neu geregelt wurde, aber bei einer bundesweit durchschnittlichen Zunahme um 44,3 Prozent liegt Nordrhein-Westfalen deutlich über dem Schnitt.

    Durchschnittliche Auslastung der Pflegeheime bei über 90 Prozent

    Als direkte Folge dieser Entwicklung steigt die Auslastung bestehender Plätze stark an. Lag die Auslastung der Plätze in Pflegeheimen in Nordrhein-Westfalen 2007 noch bei 92,1 Prozent, stieg dieser Wert bis 2019 auf 96,4 Prozent an. Im Bundeslandvergleich erreichte Nordrhein-Westfalen somit den höchsten Wert und es ist davon auszugehen, dass die Einrichtungen hier vielerorts bereits eine Vollauslastung aufweisen. Zu begründen ist diese Entwicklung unter anderen durch die eingeführten regulatorischen Änderungen in dem Bundesland. Neben der Änderung der Berechnungsregelungen zu den Investitionskosten, die auf einen maximalen Betrag je Platz begrenzt wurden, trat 2014 auch die verbindliche Einzelzimmerquote von 100 Prozent bei einer maximalen Kapazität von 80 Plätzen bei Neubauten von Pflegeeinrichtungen in Kraft, 2018 wurde zudem eine verbindliche Einzelzimmerquote von 80 Prozent bei Bestandshäusern eingeführt.

    Baden-Württemberg verliert Pflegeplätze

    Im Zeitraum von 2015 bis 2019 sank die Zahl der Pflegeplätze in Nordrhein-Westfalen von ursprünglich 176.598 um 0,7 Prozent auf 175.367, während die Zahl der Pflegebedürftigen im gleichen Zeitraum um 51 Prozent zunahm.

    Eine ähnlich negative Entwicklung der Pflegeplätze wie in Nordrhein-Westfalen ist auch in Baden-Württemberg zu erkennen. Im Zeitraum von 2015 bis 2019 ist dort ein Rückgang der Plätze in Heimen um 1,1 Prozent gemeldet worden. Zu begründen ist diese Entwicklung auch in Baden-Württemberg mit der, dort 2018 eingeführten, 100 Prozent Einzelzimmerquote für Neubau und Bestand. Doch während in Baden-Württemberg überdurchschnittlich viel neu gebaut und modernisiert wird, sind Entwicklungen dieser Art in Nordrhein-Westfalen nicht erkennbar, sodass davon ausgegangen werden kann, dass insbesondere die Deckelung der Investitionskosten ein starkes Investitionshemmnis darstellt.

    Besorgniserregender Rekord: In Nordrhein-Westfalen fehlen 14.500 Pflegeplätze

    In Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg zeigen sich deutlich unterdurchschnittliche Kapazitäten.

    Als besonders prekär stellt sich die Versorgungssituation in der Prognose dar. Ausgehend von dieser vereinfachten Bedarfskalkulation weist Nordrhein-Westfalen aktuell mit rund 14.500 fehlenden Pflegeplätzen das bundesweit nominal höchste Defizit fehlender Plätze auf. Dies entspricht in Relation zur Bevölkerung ab 65 Jahren 3,9 fehlende Plätze pro 1.000 Einwohner, nur in Brandenburg (8,3), Berlin (4,9) und aktuell noch Baden-Württemberg (6,1) fehlten 2019 mehr Plätze. Hinzu kommt, dass der Anteil an Bestandshäuser in Nordrhein-Westfalen, die 40 Jahre oder älter sind, kontinuierlich gestiegen sind und bei über 30 Prozent liegt. Rund 50.000 bestehende Plätze in diesen Einrichtungen drohen mittelfristig wegzufallen.

    Neubauten und teilstationäre Angebote müssen Bedarf langfristig decken

    Ein Blick auf die bestehenden Bauprojekte zeigt jedoch, dass sich zumindest in Süddeutschland aktuell viel bewegt – in Bayern beispielsweise sind derzeit bereits 22,3 Prozent der zusätzlich benötigten Pflegeplätze im Bau, in Baden-Württemberg immerhin 16,5 Prozent.

    Kompensiert wird die Differenz durch die starke Zunahme im ambulanten und teilstationären Sektor, entscheidend für die politisch angestrebte Ambulantisierung ist die Fragestellung, ob das ambulante Wachstum durch klassische Tourenpflege oder aber alternative Wohnformen mit ambulanter Versorgung realisiert wird. Diese Frage mit amtlichen Zahlen und Statistiken zu beantworten ist bislang nahezu ausgeschlossen, da weiterhin ausschließlich die klassischen Versorgungsformen ambulanter, teilstationärer und stationärer Pflegeangebote erfasst werden. Zwar sind über die gängigen Krankenkassenportale seit kurzem auch Angebote von Betreuungsdienstleistern verfügbar, Einrichtungen für Betreutes Wohnen oder Wohngruppenkonzepte, beispielsweise Demenz-WGs, sind weiterhin nicht enthalten.

    Ein Blick auf die bestehenden Bauprojekte zeigt jedoch, dass sich zumindest in Süddeutschland aktuell viel bewegt – in Bayern beispielsweise sind derzeit bereits 22,3 Prozent der zusätzlich benötigten Pflegeplätze im Bau, in Baden-Württemberg immerhin 16,5 Prozent.

    Auch wenn amtliche Daten hierzu weiterhin fehlen, ist davon auszugehen, dass es bundesweit derzeit gut 7.200 Einrichtungen für Betreutes Wohnen gibt. Eingebettet in ein sogenanntes Residenz- oder Betreutes Wohnen Plus-Konzept mit angebundener Tagespflege und ambulanter Versorgung oder angegliedert an eine stationäre Einrichtung, stehen derzeit rund 360.000 Wohneinheiten zur Verfügung. Ergänzt werden ambulante Wohnformen durch derzeit etwa 35.000 Plätze in Wohngruppen, überwiegend mit Fokus auf intensivpflegebedürftige Patienten oder demenziell erkrankter Menschen. Somit stehen für 2,0 Prozent der Bevölkerung ab 65 Jahren ein Platz oder eine Wohneinheit zur Verfügung. Doch auch hierbei zeigen sich regional teils große Unterschiede. Während die Verfügbarkeit von Wohneinheiten im Betreuten Wohnen in Hamburg (4,2 Prozent) und Mecklenburg-Vorpommern (3,4 Prozent) bereits recht hoch ist, liegt das Verhältnis der verfügbaren Wohneinheiten zur Bevölkerung ab 65 Jahren im Saarland (0,8 Prozent) sowie Thüringen und Rheinland-Pfalz (jeweils 1,4 Prozent) als ausbaufähig deutlich unter dem Schnitt. Auch in Nordrhein-Westfalen, wo mit Hilfe der eingangs erwähnten Gesetzgebung insbesondere der Ausbau ambulanter Wohnformen gestärkt werden sollte, liegt die Versorgungsquote im Betreuten Wohnen mit 1,8 Prozent unterhalb des bundesweiten Durchschnitts.

    Auch wenn amtliche Daten hierzu weiterhin fehlen, ist davon auszugehen, dass es bundesweit derzeit gut 7.200 Einrichtungen für Betreutes Wohnen gibt. Eingebettet in ein sogenanntes Residenz- oder Betreutes Wohnen Plus-Konzept mit angebundener Tagespflege und ambulanter Versorgung oder angegliedert an eine stationäre Einrichtung, stehen derzeit rund 360.000 Wohneinheiten zur Verfügung.

    Die entscheidende Frage ist, ob eine Verbesserung der Situation abzusehen ist. Hierfür wurden 800 geplante und bereits im Bau befindliche Einrichtungen mit einer zusätzlichen Kapazität von 27.679 Wohneinheiten analysiert. Deren regionale Verteilung zeigt, dass insbesondere in den Bundesländern mit einer aktuell niedrigen Quote überdurchschnittlich viel neu entsteht, mit zwei Ausnahmen: Sachsen und Nordrhein-Westfalen. Gemessen an der bestehenden Zahl der Wohneinheiten im Betreuten Wohnen liegt der Anteil neu entstehender Wohnungen in Nordrhein-Westfalen bei nahezu durchschnittlichen 7,2 Prozent, in Sachsen mit 6,4 Prozent sogar noch etwas darunter. In Bundesländern, die hingegen bereits über ein überdurchschnittliches Angebot im Betreuten Wohnen verfügen, sind deutlich weniger Bauprojekte bekannt. In Hamburg beispielsweise liegt der Anteil neu entstehender Wohneinheiten bei nur 2,1 Prozent, in Mecklenburg-Vorpommern bei 3,8 Prozent.

    Platzzahl der Tagespflege innerhalb von 12 Jahren vervierfacht

    Ein weiterer Indikator für die Entwicklung ambulanter Versorgungsformen stellt die Kapazität in der Tagespflege dar. Dieser Sektor bietet zudem den Vorteil, dass valide amtliche Daten in der Historie bis 2007 verfügbar sind und somit aussagekräftige Prognosen ermöglicht werden. Zudem ist eine Tagespflege zunehmend ein zentrales Element im Versorgungsmix ambulanter Wohnformen. Im Zeitraum von 2007 bis 2019 hat sich die Zahl der verfügbaren Plätze in der Tagespflege nahezu vervierfacht, insbesondere die Pflegereform und das Pflegestärkungsgesetz (PSG) I haben der Tagespflege einen Wachstumsschub verpasst. 2019 standen bundesweit rund 82.600 Plätze in der Tagespflege zur Verfügung, dies entsprach rund 4,6 Plätzen je 1.000 Einwohner ab 65 Jahren. Doch auch hier zeigt der Bundeslandvergleich erhebliche Unterschiede. Während erneut in Mecklenburg-Vorpommern mit 11,3 Plätzen je 1.000 Einwohner ab 65 Jahren bereits in der Summe sämtlicher Pflegeangebote von einer aktuell bestehenden Überversorgung ausgegangen werden kann, stehen in Hessen, Hamburg und Berlin mit 3 Plätzen je 1.000 Einwohner ab 65 Jahren zu wenige Plätze zur Verfügung. Und auch in der Tagespflege zeigt sich die Angebotsstruktur im bevölkerungsreichsten Bundesland eher schwach: Mit 3,5 Plätzen je 1.000 Einwohner ab 65 Jahren schneidet Nordrhein-Westfalen verhältnismäßig schlecht ab. Aktuell liegt die Zahl der Tagespflegeeinrichtungen bundesweit bei 5.900 Standorten mit gut 90.000 Plätzen und es ist insbesondere eine Zunahme größerer Einrichtungen mit 20 Plätzen oder mehr erkennbar. Während die durchschnittliche Kapazität bestehender Einrichtungen bei 15 Plätzen liegt, sind die geplanten und bereits im Bau befindlichen Einrichtungen mit im Schnitt 22 Plätzen deutlich größer.

    Ein weiterer Indikator für die Entwicklung ambulanter Versorgungsformen stellt die Kapazität in der Tagespflege dar. Dieser Sektor bietet zudem den Vorteil, dass valide amtliche Daten in der Historie bis 2007 verfügbar sind und somit aussagekräftige Prognosen ermöglicht werden.

    Große Herausforderungen prägen den Markt der Zukunft

    Die Versorgung der zusätzlichen 1 Million Pflegebedürftigen bis 2040 wird bundesweit eine erhebliche Herausforderung. In den Bundesländern zeigen sich zum Teil erhebliche Unterschiede in der bestehenden Versorgungsstruktur und hinsichtlich der Ausrichtung zukünftiger Versorgungsformen. Der Ausbau alternativer und ambulanter Versorgungsformen als Kompensation oder Ergänzung stationärer Pflegeformen läuft teilweise nur schleppend, insbesondere im bevölkerungsreichsten Bundesland, in dem mit regulatorischen Eingriffen der Ausbau ambulanter Wohnformen eigentlich vorangetrieben werden sollte, hängt die Entwicklung hinterher.