Ambulante Pflegedienste stellen den größten Teil der professionellen Pflege in Deutschland dar. Mit mehr als 17.200 Standorten und rund 1,8 Millionen versorgten Patienten laut aktuellen MDK-Berichten erweist sich der ambulante Sektor nicht nur als größtes, sondern auch als eines der wachstumsstärksten Pflegesegmente. Im folgenden Beitrag beleuchten wir sowohl den Status quo der ambulanten Versorgung als auch deren Entwicklung im ersten Quartal 2023.

Inhaltsverzeichnis:

 

 

Ambulante Pflege hoch im Kurs

Zum aktuellen Zeitpunkt existieren in Deutschland rund 17.200 Standorte ambulanter Pflegedienste, welche gemeinsam mehr als 1,8 Millionen Patienten versorgen. Diese Versorgungen finden dabei sowohl in der eigenen Häuslichkeit, als auch in betreuten Wohnanlagen oder speziell dafür eingerichteten Wohngruppen statt. Neben der ambulanten Pflege, die in allen Bundesländern den Großteil der professionellen Pflege darstellt, werden Senioren zusätzlich in Pflegeheimen oder Tagespflegen versorgt.

Im direkten Vergleich der versorgten Patienten bzw. der verfügbaren Plätze in den Segmenten erweisen sich insbesondere Mecklenburg-Vorpommern (67,9 Prozent) und Thüringen (67,6 Prozent) als die Bundesländer, in denen die meisten Patienten durch ambulante Dienste versorgt werden. In ländlichen Regionen wie Mecklenburg-Vorpommern und Thüringen sind die Entfernungen zwischen den Wohnorten der Patienten häufig größer als in städtischen Gebieten. Das Angebot an stationären Pflegeeinrichtungen ist daher in diesen Regionen eher begrenzt. Daher ist die ambulante Pflege eine praktikable Lösung, um den Bedürfnissen der Patienten in ihrer eigenen Wohnung gerecht zu werden. Ähnliche Ergebnisse zeigen sich auch in den Stadtstaaten wie Bremen (66,9 Prozent) und Hamburg (66,4 Prozent) – hier ist der deutlich höhere Anteil der ambulanten Pflege vor allem auf den Platzmangel in den Städten zurückzuführen, der eine immobiliengestützte Pflege wie in Pflegeheimen erschwert.

Bayern mit hohem Anteil an familiärer Pflege

Insgesamt zeigt sich jedoch, dass in allen Bundesländern deutlich mehr als die Hälfte aller versorgten Pflegebedürftigen durch ambulante Dienste betreut werden – mit Ausnahme von Bayern (56,6 Prozent). Vollstationäre Pflegeheime (38,2 Prozent) und Tagespflegen (5,2 Prozent) versorgen hier einen deutlich höheren Anteil der Pflegebedürftigen als in den anderen Bundesländern. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass in Bayern in den letzten Jahren ein vergleichsweise geringer Zuwachs an ambulanten Diensten und überproportional viele Schließungen solcher Angebote zu verzeichnen waren. Zudem hat die familiäre Pflege in Bayern nach wie vor einen hohen Stellenwert und ersetzt zum Teil die ambulante Pflege – dass gleichzeitig besonders schwere Pflegefälle weiterhin in professionellen Heimen versorgt werden müssen, erhöht den Anteil der stationär versorgten Patienten in diesem Bundesland.

Tagespflege gewinnt an Bedeutung

Ausgehend von den bisherigen Entwicklungen der letzten Jahre und den damit verbundenen Pflegequoten ist davon auszugehen, dass sich dieser Trend bis zum Jahr 2040 verstärken wird – insbesondere die Tagespflege wird im Jahr 2040 einen höheren Anteil an der Gesamtversorgung ausmachen als dies heute der Fall ist. In Bundesländern wie Thüringen, Sachsen oder Niedersachsen ist auf Basis der bisherigen Entwicklung sogar davon auszugehen, dass ambulante Pflegedienste im Jahr 2040 mehr als 70 Prozent der professionellen Pflege erbringen werden. In Schleswig-Holstein und vor allem in Bayern wird dagegen der Anteil der vollstationären Pflege weiter zunehmen.

Ein Blick auf die Entwicklung der ambulanten Pflegedienste im ersten Quartal 2023 zeigt bereits einen deutlichen Trend. Das größte nominale und prozentuale Wachstum ist in Nordrhein-Westfalen zu verzeichnen. Bei 15 Schließungen und 41 Neueröffnungen lag das prozentuale Wachstum der Pflegedienststandorte im bevölkerungsreichsten Bundesland bei 0,7 Prozent. Den größten prozentualen Rückgang musste Sachsen-Anhalt hinnehmen – zwei Neueröffnungen standen sechs Schließungen gegenüber, was einem prozentualen Rückgang von 0,6 Prozent entspricht. Bayern hat mit 18 Schließungen im ersten Quartal 2023 die meisten Schließungen insgesamt zu verkraften, auch wenn sich die Gesamtzahl der Dienste durch die 17 Neueröffnungen kaum verändert, gehen natürlich viele Patienten an den bestehenden Standorten verloren.

Von Januar bis März 2023 wurden bundesweit insgesamt 97 Standorte ambulanter Pflegedienste geschlossen – im gleichen Zeitraum wurden 105 neue Pflegedienststandorte mit eigener IK-Nummer eröffnet. Daraus ergibt sich ein Nettozuwachs von 8 Standorten im ersten Quartal 2023.

Damit bleibt das nominale Wachstum der ambulanten Pflegedienste deutlich hinter dem Vorjahreszeitraum zurück. Im ersten Quartal 2022 wurden 142 neue Pflegedienststandorte eröffnet, während nur 78 ambulante Pflegedienste schließen mussten. Hier zeigen sich bereits deutliche Auswirkungen der aktuellen Marktsituation.

Die 97 geschlossenen Pflegedienste im ersten Quartal 2023 versorgten insgesamt rund 5.000 Patienten. Wie viele Patienten von den 105 neuen Pflegediensten versorgt werden, kann erst nach einer ersten Begutachtung durch den MDK ermittelt werden. Zum Vergleich: Die 78 geschlossenen Dienste im ersten Quartal 2022 versorgten rund 4.400 Patienten.

Der Rückgang der neu eröffneten Pflegedienste deutet darauf hin, dass die Branche weiterhin unter den Auswirkungen des Tariftreuegesetzes und den Folgen der COVID-19-Pandemie leidet. Der Rückgang der Neugründungen könnte auch auf die anhaltenden Schwierigkeiten bei der Rekrutierung von qualifiziertem Personal zurückzuführen sein. Viele Pflegedienste haben mit einem Fachkräftemangel zu kämpfen und können offene Stellen nur schwer besetzen. Ein Problem, das derzeit die gesamte deutsche Pflegelandschaft beschäftigt. Dennoch zeigt der politische Leitsatz „ambulant vor stationär“ und der Wunsch der Kunden, so lange wie möglich selbstbestimmt in den eigenen vier Wänden leben zu können, nach wie vor Wirkung, was sich im allgemeinen Patientenwachstum der ambulanten Dienste widerspiegelt.