Nach dem Fokus auf den stationären Pflegemarkt in den beiden vorherigen Monaten legen wir diesmal den Blick auf den ambulanten Pflegemarkt in Deutschland. Dabei soll nicht nur der Status quo festgestellt, sondern auch ein Ausblick und die Betrachtung der bisherigen Entwicklung anhand der von pflegemarkt.com erhobenen Daten ermöglicht werden.
Inhaltsverzeichnis:
- Ambulante Neugründungen im vierten Quartal 2018
- 22.302 Mehrversorgungen im vierten Quartal 2018
- Mehr als 5.500 ambulante Versorgungen in Deals Anfang 2019
- Fazit
Gab es laut amtlichen Zahlen im Jahr 2015 etwa 13.300 Pflegedienste und im Jahr 2017 etwa 14.050, verzeichnen die monatsgenauen Daten in der Pflegedatenbank für Ende 2018 bereits etwa 15.100 Pflegedienste, die in Deutschland rund 1,3 Millionen Menschen versorgen. Die Diskrepanz zwischen diesem Wert und der amtlichen Statistik, die Ende 2017 insgesamt 829.958 durch ambulante Pflegdienste versorgte Patienten zählt, liegt in der Erhebungsmethode begründet. Während die amtlichen Angaben ausschließlich Leistungen der Pflegekassen nach SGB XI berücksichtigen, beinhaltet die Datengrundlage dieser Analyse auch Leistungsempfänger der Krankenkassen nach SGB V sowie Privatzahler. Ausgewertet wurden die in den aktuellen Transparenzberichten enthaltene Information der Anzahl aktueller Versorgungen der Pflegedienste. Dennoch decken Pflegedienste damit nur einen Teil der Pflegebedürftigen ab – insgesamt werden in Deutschland laut amtlichen Zahlen rund 2,5 Millionen in Pflegegrade eingestufte Personen zu Hause versorgt. Zudem steigt der Anteil der Personen, die pflegebedürftige Familienmitglieder Zuhause pflegen (48,4 Prozent im Jahr 2015 – 51,7 Prozent im Jahr 2017).
Ambulante Neugründungen im vierten Quartal 2018
Allein im vierten Quartal 2018 gründeten sich 88 Pflegedienste im gesamten Bundesgebiet neu, bei 98 ambulanten Geschäftsaufgaben im gleichen Zeitraum. Bei Betrachtung der Neugründungen pro 100.000 Einwohner ab 75 Jahren fällt dabei auf, dass sich im vierten Quartal 2018 vor allem im Nordosten der Republik besonders viele Pflegedienste gründeten. Während in Mecklenburg-Vorpommern (2,0), Brandenburg (2,6) und Berlin (1,2) durchschnittlich 1,9 Pflegedienste pro 100.000 Einwohner ab 75 Jahren neu gegründet wurden, beläuft sich der Durchschnitt im Rest der Republik auf 0,64 Pflegedienste pro 100.000 Einwohner ab 75 Jahren. Nicht außer Acht gelassen werden darf zudem der sich immer weiter verschärfende Wettbewerbsdruck in der ambulanten Pflege – besonders die Hauptstadt offenbarte sich hier als Brennpunkt – 618 Versorgungen büßte die Stadt im vierten Quartal 2018 durch Schließungen und Insolvenzen von vier Pflegediensten ein. Besonders bekannt wurde der Fall des Startups Pflegetiger, welches sich trotz eines innovativen Konzeptes nicht durchsetzen konnte – und mittlerweile von der Stefanus-Stiftung unter neuer Flagge geführt wird. Diese Zahlen passen auch zu der aktuellen Versorgungsstruktur der Bundesländer – Mecklenburg-Vorpommern zeigt sich als Hochburg der ambulanten Versorgungen – rund ein Viertel der etwa 200.000 Einwohner ab 75 Jahren werden hier durch ambulante Dienste versorgt. Auch Brandenburg versorgt einen beachtlichen Anteil (18,6 Prozent) seiner Bewohner ab 75 Jahren durch einen ambulanten Pflegedienst. Großes Potential bietet Bayern – hier werden bisher nur 12,5 Prozent aller Senioren von einem Pflegedienst betreut. Zudem zeigt der Freistaat den geringsten Index an Neugründungen im vierten Quartal 2018.
22.302 Mehrversorgungen im vierten Quartal 2018
Insgesamt wurden von Oktober bis Dezember 2018 rund 22.302 Mehrversorgungen im Vergleich zum Vorjahreszeitraum gezählt (siehe Grafik 2). Ausgewertet wurden die Angaben von rund 2.900 Pflegediensten, für die in diesem Zeitraum ein neuer Transparenzbericht veröffentlicht wurde. Den größten prozentualen Anstieg an Neuversorgungen verzeichnete dabei die Hansestadt Bremen (4,4 Prozent), sowie Baden-Württemberg (2,8 Prozent) und Mecklenburg-Vorpommern (2,7 Prozent). Neben den neugegründeten Pflegediensten wachsen auch bereits bestehende Pflegedienste immer weiter – von Oktober bis Dezember 2018 haben 1.267 Pflegedienste einen Zugang an Kunden verzeichnet (im Schnitt 29 Neukunden pro Pflegedienst). Dem gegenüber stehen 712 Pflegedienste, die einen Abgang von Kunden hinnehmen mussten (im Schnitt 19 Versorgungen pro Pflegedienst).
In der Analyse zeigt sich, dass gemeinnützige Pflegedienste im Schnitt eher einen Neuzugang an Kunden verzeichnen können als Pflegedienste privater Anbieter. 68 Prozent aller im vierten Quartal erfassten, gemeinnützigen Pflegedienste konnten ein Wachstum im Vergleich zum vorherigen MDK-Bericht verzeichnen. Bei den privaten Anbietern gelang dies nur 63 Prozent aller Dienste.
Insgesamt gelang es im vierten Quartal 68 Pflegediensten ein Kundenwachstum von 100 oder mehr Versorgungen zu verzeichnen. Das Patientenwachstum muss zudem im Einklang mit der Mitarbeiterakquise stehen und stellt somit eine herausragende Leistung dar.
Gemeinnützige Dienste führen jedoch nicht nur die Liste mit den meisten Mehrversorgungen an, sondern müssen auch die größten Abgänge an Versorgungen hinnehmen. So werden neun von zehn Pflegediensten, die mehr als 100 Versorgungen weniger als im Vorjahreszeitraum verzeichnen, von gemeinnützigen Trägern betrieben.
Mehr als 5.500 ambulante Versorgungen in Deals Anfang 2019
Im vierten Quartal 2018 waren 17 Pflegedienste mit insgesamt 1.705 ambulanten Versorgungen in Übernahmen eingeschlossen. Im ersten Quartal 2019 waren es bisher sogar 77 Pflegedienste mit beinahe 5.500 Kunden – der größte Deal war hier die Übernahme der Bonitas Holding durch Advent International. Kurz darauf wurde ein gemeinsamer Verbund mit der (ebenfalls zu Advent gehörenden) Deutsche Fachpflege Gruppe bekannt gegeben. Diese Daten belegen noch einmal die Kleinteiligkeit des Marktes – dies zeigt sich nicht zuletzt darin, dass die nach Patientenzahl 15 größten Pflegedienste im Jahr 2018 nur 2,40 Prozent aller ambulanten Versorgungen übernehmen; ihre kumulierte Patientenzahl liegt bei knapp 32.500 Patienten. 2017 lag die prozentuale Verteilung sogar bei gerade einmal 2 Prozent. Selbst die nach Anzahl der versorgten Patienten 100 führenden Pflegedienste und Pflegedienstgruppen versorgen weniger als 5 Prozent der insgesamt in Deutschland durch ambulante Dienste versorgte Patienten.
Fazit
Die Branche der ambulanten Pflegedienste in Deutschland beweist sich anhand der versorgten Patienten als eine der umfassendsten Versorgungsleistungen. Die vielen Neugründungen, sowie das starke Versorgungswachstum bereits etablierter Betreiber unterstreicht noch einmal die Bedeutung ambulanter Versorgungen für die Gesamtversorgungsstruktur der der deutschen Pflegebranche.
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