Vor einigen Tagen veröffentlichte unsere Redaktion die Liste der Top 40 unter 40 im Management der Pflege, welche Sie hier einsehen können. Im Zuge dessen hatten wir die Gelegenheit mit einigen der Nominierten Interviews über den aktuellen Stand des Pflegemarktes, ihre Herausforderungen und Pläne für die Zukunft sprechen zu können – so auch mit Andreas Mildner von den Hera Residenzen, welcher uns bereits Ende 2021 Rede und Antwort stand (hier finden Sie das damalige Interview).


Herr Mildner, wie bewerten Sie bisher das Jahr 2022 für Ihr Unternehmen?

Mildner: Wir haben in mehreren Gebieten große Fortschritte gemacht. Zum einen ist es uns gelungen, uns personell noch einmal zu verstärken, was uns – vor allem auf Holdingebene – ermöglicht, Stück für Stück immer mehr Services aufzubauen, von denen dann die Pflegedienste profitieren können.

Auch auf Regionalleiterebene konnten wir uns in diesem Jahr verstärken und qualitativ sehr gut wachsen. Zudem haben wir auch weitere vier Pflegedienste in die Gruppe aufnehmen können, was mich natürlich ebenfalls sehr freut.

Gibt es bereits absehbare Meilensteine, die Sie für den Rest des Jahres vor Augen haben?

Mildner: Wenn alles nach Plan läuft, werden wir dieses Jahr auch noch einmal sehr stark wachsen. Zum einen in den Regionen, in denen wir bereits aktiv sind und zum anderen werden wir wahrscheinlich sogar ein neues Bundesland betreten.

Welches?

Mildner: Berlin. In meiner Position muss ich natürlich immer schauen, dass die Gruppe weiterwächst, das ist mein Fokus. Denn je mehr Unternehmen wir in der Gruppe haben, desto mehr Kompetenzen bauen wir auf, von dem jeder einzelne Pflegedienst profitieren kann. Services kosten nun mal auch Geld und wenn ich dies auf mehrere Schultern verteilen kann, ist dies alles besser stemmbar. Letztendlich ist immer unser Ziel, dem Kunden die bestmögliche Versorgung und den bestmöglichen Service bieten zu können.

Wenn Sie schon in die Hauptstadt expandieren, bleiben wir doch beim Thema – Haben die aktuellen politische Entscheidungen aus Berlin im Bereich der Pflege bereits spürbaren Einfluss auf Ihr Unternehmen?

Mildner: Nun, ein Thema liegt bei uns aktuell natürlich sehr groß im Fokus und das ist, wenig verwunderlich, die Tariftreue. Das Ziel der Gesetzgebung war es, dass alle Mitarbeiter vergleichbar und besser vergütet werden. Das ist ein Thema, das wir als Gruppe auch sehr stark unterstützen. Aber:
Wenn man nun den gesunden Menschenverstand einschaltet, wird natürlich klar, dass wenn die Personalkosten um bis zu 20 Prozent steigen, auch die Vergütungen entsprechend angepasst werden.

Es muss finanzierbar bleiben.

Mildner: Genau – dazu kommt, dass die Sachkosten auch sehr stark gestiegen sind, was in der Vergütungsvereinbarung natürlich miteinfließen muss. Es gibt Bundesländer, die sich da sehr fair verhalten und Vergütungen vereinbart haben, die dies auch abdecken, aber leider auch Bundesländer, in denen dies nicht so ist.

Können Sie das spezifizieren?

Mildner: Leider ausgerechnet das Bundesland, in dem unser Hauptsitz ist: Sachsen. Hier wurde sich nicht ganz so fair verhalten, meiner Ansicht nach. Gerade die Kostenträger in Sachsen haben allen Verbänden sehr niedrige Punktwerte angeboten. Da wurden wirklich nur Steigerungsraten von sieben/acht Prozent angeboten – und das bei den Steigerungsgraden der Personal- und Sachkosten, die ich eben erwähnt habe.

Und was ich erstaunlich fand war, dass vor allem die Verbände wie der L.V.H.S. (anm.d.Red.: Landesverband Hauskrankenpflege Sachsen), der BHP (anm.d.Red.: Berufsverband Heil und Pflegeberufe) und jetzt wahrscheinlich auch der bpa (anm.d.Red.: Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste), dem relativ schnell zugestimmt haben. Gerade der L.V.H.S. und der BHP haben auch relativ viel Druck auf ihre Mitglieder ausgeübt dem ganzen schnell zuzustimmen, damit sie noch zwei Monate schnell einen höheren Punktsatz kriegen, was aber mittel- bis langfristig natürlich überhaupt nicht auskömmlich ist.

Ich habe mich mittlerweile mit einigen Eigentümern unterhalten – und viele bereuen dem bereits zugestimmt zu haben. Viele haben sich nicht durchgerechnet, was das am Ende für Sie bedeutet und jetzt, wo sie sich einmal damit auseinandersetzen konnten, kommt oftmals zu Tage, dass sie nicht kostendeckend arbeiten können. Das war sehr schockierend und ich hoffe, dass man da mit den Kostenträgern in Sachsen noch eine Lösung findet.

Sie haben bei unserem letzten Interview bereits angesprochen, dass bis 2025 insgesamt 100 Pflegedienste in der Gruppe vereinen möchten und gehören auch in diesem Jahr zu dem Betreiber mit den meisten Übernahmen – was ist Ihr Erfolgsrezept?

Mildner: Es mag wie ein billiges Klischee klingen, aber wir versuchen so ehrlich und redlich wie irgend möglich mit allen Partnern umzugehen. Sei es Eigentümer von Pflegediensten, Mitarbeiter oder externe Vertragspartner. Man muss sich immer sauber und ehrlich verhalten. Weiterhin ist es natürlich so, dass wenn wir einen Pflegedienst in die Gruppe übernehmen, dieser nicht einfach eine „Hera-Residenzen-Schablone“ überstülpen, sondern die Eigenheiten und positiven Eigenschaften des jeweiligen Dienstes natürlich beibehalten und bestmöglich in die Gruppe integrieren. Bei einer Gruppe, die unsere Größe erreicht hat, geht es jetzt natürlich auch darum immer mehr Strukturen und Prozesse aufzubauen. Und der letzte Punkt, der mir besonders wichtig ist, ist, dass man mit möglichst viel Enthusiasmus dran geht, denn das ist – auch gerade in Zeiten von Corona – im positiven Sinne ansteckend.

Gibt es etwas, das Sie den anderen Top 40 unter 40 mit auf den Weg geben möchten?

Mildner:  Ich habe leider noch nicht die gesamte Liste ansehen können, aber bei denjenigen, die ich gesehen habe, könnten auch wir von diesen viel lernen. Aber mein Tipp wäre, dass man viel Zeit und Gedanken darauf verwenden sollte, die richtigen Menschen in seinem Umfeld und Unternehmen zu finden, mit denen man die gemeinsamen Ziele erreichen kann.

Über den Interviewpartner

Andreas Mildner ist bereits seit über 15 Jahren in verschiedenen Unternehmen tätig, für die er nationale und internationale Projekte geleitet oder begleitet hat. Bei der Hera Residenzen Gruppe ist er für die Entwicklung und Leitung des Unternehmens verantwortlich. Er ist nicht nur ein Finanzexperte, der bereits Projekte mit einem Volumen von über einer Milliarde Euro finanziert hat, sondern hat eine ebenso große Affinität am Aufbau und der Entwicklung von Teams, in denen jeder seine Talente bestmöglich zum Erreichen eines gemeinsamen Ziels einsetzen kann.