Hansa Pflegegruppe ist insolvent
Wie die Nordwest-Zeitung zuerst berichtete, ist die Hansa-Gruppe aus Oldenburg angeblich insolvent. Wie die Redaktion erfahren habe, sei der Pflegeheimbetreiber in wirtschaftliche Schieflage geraten und habe am 9. März 2023 für alle Einrichtungen ein Schutzschirmverfahren beantragt. Die Löhne und Gehälter der Mitarbeiter seien für die nächsten drei Monate gesichert. Nach den Insolvenzen von Curata Care und Convivo wäre dies bereits die dritte Insolvenz eines großen Betreibers im Jahr 2023.
Inhaltsverzeichnis:
Kanzlei Schultze und Braun involviert
Die weiteren Schritte des Unternehmens werden von der auf Insolvenzen und Restrukturierungen spezialisierten Kanzlei Schultze und Braun begleitet. Aufgrund des beantragten Schutzschirmverfahrens plant die HANSA Pflege & Residenzen GmbH ein Insolvenzverfahren in vorläufiger Eigenverwaltung. Das Insolvenzverfahren ist derzeit noch nicht eröffnet.
Hansa Pflegegruppe als Azurit-Hansa unter Top Pflegeheimbetreibern
Die Hansa-Gruppe befand sich bereits 2010 in der Insolvenz und wurde damals von der Azurit Rohr GmbH mit Sitz im rheinland-pfälzischen Eisenberg übernommen. Als Azurit-Hansa-Gruppe belegen die beiden Unternehmen Platz 6 der Top 30 Pflegeheimbetreiber 2023. Geschäftsführer beider Unternehmensgruppen ist Steffen Krakhardt.

Von den sieben Gesellschaften der Hansa-Gruppe sollen fünf ein Schutzschirmverfahren beantragt haben, wie Carevor9 von einem Sprecher der Gruppe erfahren haben will.
Hansa Pflegegruppe – Fast 2.000 vollstationäre Plätze
Hansa betreibt insgesamt 24 vollstationäre Pflegeheime mit rund 1.950 vollstationären Plätzen sowie 14 betreute Wohnanlagen mit über 970 Wohneinheiten und eine Tagespflege mit 24 Plätzen. Die 6 Pflegedienste der Gruppe, die über 600 Patientinnen und Patienten betreuen, sind von der Insolvenz nicht betroffen, so ein Sprecher der Gruppe gegenüber Carevor9.
Die HANSA-Gruppe plant, baut und betreibt seit 1982 zahlreiche Senioreneinrichtungen in Nord- und Mitteldeutschland mit Schwerpunkt in Niedersachsen und Bremen. Insgesamt stellt die HANSA Pflege & Residenzen GmbH 0,21 Prozent aller vollstationären Pflegeplätze in Deutschland.
Pflegeheimportfolio im Schnitt über 20 Jahre alt
Die Pflegeheime der Hansa Pflege & Residenzen GmbH weisen – unter Berücksichtigung bereits durchgeführter Modernisierungsmaßnahmen – ein durchschnittliches Baujahr von 2001 auf und sind damit über 20 Jahre alt. Damit liegen sie leicht unter dem Durchschnitt der Top 10 Betreiber in Deutschland (hier zur Analyse).
Mit Durchschnittskosten von 2.251,69 Euro pro Pflegeheimplatz liegen die Heime unter den Durchschnittskosten in Deutschland von 2.289,58 Euro – aber deutlich über den Durchschnittskosten in Niedersachsen (1.952,84 Euro) und Bremen (2.128,23 Euro), den beiden Bundesländern, in denen sich der Großteil des Portfolios befindet – allerdings hat sich seit der letzten Durchschnittskostenerhebung auch das Tariftreuegesetz und damit stark gestiegene Kosten ausgewirkt (hier zur Analyse), die in den Durchschnittskosten noch nicht berücksichtigt sind.
ANTARIS health Care Holding an Hansa Pflegegruppe beteiligt
Die ANTARIS health care holding GmbH ist ebenfalls mit 20 Prozent an der Hansa Pflegegruppe beteiligt. Darüber hinaus ist die ANTARIS health care holding GmbH eine 100-prozentige Beteiligungsholding der familiengeführten Profunda Vermögen GmbH aus Hamburg, der bis vor kurzem die IMMAC Holding AG gehörte.
Die ANTARIS health care investierte 2011 in die Hansa und rettete sie gemeinsam mit der Azurit Gruppe vor der Insolvenz. Um eine zukunftsfähige Struktur zu entwickeln, wurden damals die 17 Immobilien vom Betrieb der Pflegeeinrichtung getrennt. Die Gebäude der Hansa wurden von einer Immobilientochter der Profunda für 62 Millionen Euro erworben.
Update – Sanierung der HANSA bestätigt
Mittlerweile hat die Kanzlei Schultze & Braun die Sanierung der HANSA Gruppe in einer Pressemitteilung bestätigt. Im Pflegebereich gäbe es derweil keine Einschränkungen. Die Versorgung und Betreuung der Bewohnerinnen und Bewohner sei in allen Einrichtungen der HANSA-Gruppe vollumfänglich gewährleistet. „Es gibt keine Änderungen beim Umfang und bei der Qualität der Versorgungsleistungen und des Betreuungsangebotes. Bei HANSA steht der ältere Mensch seit der Gründung des Unternehmens vor mehr als 40 Jahren im Mittelpunkt. Das wird auch weiterhin der Fall sein. Gleichzeitig stehen wir zu unserer Verantwortung für unsere Mitarbeitenden“, erklären die HANSA-Geschäftsführer Steffen Krakhardt, Ralf Winstroth und Frank Lutter.
Die Verfahren werden genutzt, um ein umfassendes Sanierungskonzept für die fünf Gesellschaften zu entwickeln und mit den Gläubigern und dem Gericht abzustimmen. Nach derzeitiger Planung soll die HANSA-Gruppe Ende 2023 wieder schwarze Zahlen schreiben.
Gründe für die Insolvenz der HANSA Gruppe
Die Neuausrichtung der HANSA-Gruppe sei aufgrund der Herausforderungen, die den Pflegemarkt in Deutschland seit einigen Jahren prägen und die in jüngster Zeit durch externe Faktoren (Pandemie, Inflation) verstärkt wurden, notwendig geworden, so das Unternehmen.
Um dem allgemeinen Personalmangel entgegenzuwirken und die Versorgung der Bewohnerinnen und Bewohner sowie der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sicherzustellen, musste die HANSA-Gruppe auf den äußerst kostenintensiven Einsatz von Zeitarbeitskräften zurückgreifen, deren interne Integration sehr schwierig und nur mit sehr begrenztem Erfolg umzusetzen sei. Eine ausreichende Besetzung der Senioren- und Pflegezentren war und ist daher aufgrund des anhaltenden Mangels an Stammpersonal, sowohl bei den wichtigen Pflegehilfskräften als auch bei den Fachkräften, nicht immer möglich. Hinzugekommen seien allgemeine Preissteigerungen und die gestiegenen Personalkosten aufgrund des Tariftreuegesetzes.
„Über einen gewissen Zeitraum sind solche Auswirkungen zu verkraften. Seit der Corona-Pandemie reiht sich allerdings Krise an Krise. Eine solche Kombination aus externen wirtschaftlichen Herausforderungen war und ist auch für uns als vorsichtig planendes und agierendes Unternehmen über einen Zeitraum von mehreren Jahren nicht durchzuhalten“, sagen die HANSA-Geschäftsführer Steffen Krakhardt, Ralf Winstroth und Frank Lutter. „Wir sind aber überzeugt davon, dass wir uns im Rahmen der Sanierungsverfahren nachhaltig und zukunftsfähig aufstellen können.“
Erfahrene Spezialisten helfen bei Sanierung
Bei der Restrukturierung wird die HANSA-Gruppe von einem Team erfahrener Sanierungsspezialisten von Schultze & Braun um die Restrukturierungsexperten Detlef Specovius, Michael Böhner und Christoph von Wilcken beraten und unterstützt. Das Team von Schultze & Braun verfügt über langjährige Erfahrung und deckt neben dem Sanierungsrecht auch das Arbeitsrecht sowie die betriebswirtschaftliche Planung und Rechnungslegung ab. Die Spezialisten waren unter anderem für die Fluggesellschaft Condor, die Friseurkette Klier oder die Bekleidungsfilialisten ESPRIT und Bonita bei deren Restrukturierung im Sanierungsverfahren tätig.
Insolvenzverfahen über HANSA Pflege & Residenzen eröffnet – Dr. Malte Köster wird Sachwalter
Über das Vermögen der HANSA Pflege & Residenzen GmbH wurde mittlerweile das Insolvenzverfahren eröffnet. Im Insolvenzantragsverfahren über das Vermögen der HANSA-Gruppe wurde am 20.03.2023 Rechtsanwalt Dr. Malte Köster von der Kanzlei WILLMERKÖSTER zum vorläufigen Sachwalter bestellt.
Dr. Malte Köster ist Gründungspartner und Managing Partner der Kanzlei. Als Insolvenzverwalter und Sachwalter gehört er zu den renommiertesten Insolvenzrechtlern in Deutschland.
Köster ist auch Insolvenzverwalter der Convivo Holding, die Anfang des Jahres Insolvenz anmelden musste (wir berichteten).
Liste der 100 größten privaten Pflegeheimbetreiber
- Unternehmensprofile mit Namen und Kontaktdaten im Excel-Format
- Anzahl der Standorte und Pflegeplätze
- DSGVO konforme Detailinformationen
- Aktuelle Betreiberwechsel bereits berücksichtigt