Die Relevanz der Wirtschaftsprüfung in der Pflege, haben wir kürzlich in unserem Ranking der Top 5 Wirtschaftsprüfer in der Pflege erläutert. Doch welche Herausforderungen bestimmen hier den Markt und was unterscheidet die Pflege von anderen Branchen? Dazu konnten wir in einem Experteninterview mit Jan Grabow von CURACON sprechen – einem der Top Wirtschaftsprüfer in der Pflege.
Sie belegen in unserem Ranking der größten Wirtschaftsprüfer in der Pflege den ersten Platz. Sie betreuen unserer Analyse zufolge 101 Kunden aus dem Pflegemarkt – kein anderer Wirtschaftsprüfer hat so viele Pflegeunternehmen als Mandanten. Wo sehen sie derzeit die Herausforderungen des Pflegemarktes?
Grabow: Der Pflegemarkt steht besonders durch die demographische Entwicklung, Notwendigkeit zur Digitalisierung sowie Investitionsbedarf zur energetischen Sanierung vor großen Herausforderungen. Hierbei steht einer wachsenden Zahl der Pflegebedürftigen auf der einen Seite einem sich verschärfenden Personalmangel aufgrund des Ausscheidens der Babyboomer aus dem Erwerbsleben auf der anderen Seite gegenüber. Des Weiteren ist die Frage der nachhaltigen Finanzierung der Pflegeversicherung sowie Schutz der Pflegebedürftigen vor ausufernden Kostensteigerungen bisher unbeantwortet geblieben.
Was müssen Pflegeunternehmen Ihrer Ansicht und Erfahrung nach tun, um weiterhin wirtschaftlich arbeiten zu können?
Grabow: Der Pflegemarkt ist in Versorgung noch sehr fragmentiert. Ungefähr die Hälfte der stationären und ambulanten Einrichtungen versorgen lediglich weniger als 50 Pflegebedürftige. Der Krankenhausmarkt ist hier in der Marktkonzentration und Konsolidierung schon weiter.
Was war für Sie bisher die größte Herausforderung in Ihrer Rolle als Wirtschaftsprüfer in der Pflege?
Grabow: Die Erstellung von Gutachten zu den Investitionshemmnissen und Lösungsansätzen zur Finanzierung der energetischen Sanierung für das BMG und das Umweltministerium Baden-Württemberg. Momentan droht die Erreichung der klimapolitischen Ziele an den Rahmenbedingungen zu scheitern, weil die energetische Sanierung von den Sozialhilfeträgern mangels gesetzlicher Verpflichtung nicht als betriebsnotwendig genehmigt werden kann.
Sie führen derzeit eine Umfrage zur wirtschaftlichen Situation von Unternehmen aus der Gesundheits- und Sozialwirtschaft durch, um ein Stimmungsbild der Branche zu erstellen. Wie setzt sich die Teilnehmerstruktur bisher zusammen und welche Ergebnisse konnten Sie bereits aus der Umfrage herauslesen?
Grabow: Durch eine unzureichende Refinanzierung von Kostensteigerungen sowie einen zunehmenden Personalmangel geraten immer mehr Pflegeeinrichtungen in eine Schieflage. Die zu versorgende Klientel ist zunehmend mit Leistungseinschränkungen und wachsenden Kostenbelastungen konfrontiert.
Wie schätzen Sie die Zukunft von Pflegeunternehmen ein und welche Rolle werden Sie in diesem Kontext als Wirtschaftsprüfer einnehmen?
Grabow: Für Wirtschaftsprüfer stellt sich in der Abschlussprüfung häufig die Frage, ob Abschlüsse noch unter der going-concern-Prämisse aufgestellt werden dürfen und ob die Chancen und Risiken in der Lageberichterstattung bei wachsender Unsicherheit zutreffend dargestellt werden. Aber insbesondere ist die ab 2025 beginnende Verpflichtung großer Kapitalgesellschaften zur Nachhaltigkeitsberichterstattung zu nennen.
Über den Interviewpartner
Jan Grabow
Jan Grabow ist Geschäftsführender Partner und Leiter des Ressorts Altenpflege bei CURAVON, einem der Top 5 größten Datenschützern in der Pflege. Neben der Jahresabschlussprüfung liegen weitere Tätigkeitsschwerpunkte in der betriebswirtschaftlichen Analyse von Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen, der Vorbereitung von Investitionsentscheidungen sowie der strukturierten Entwicklung von Unternehmensstrategien.
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