Der Transaktionsmarkt in der Pflege 2021 hielt nicht nur einige große Übernahmen und Markteintritte neuer Player bereit – auch die Top 30 Betreiber wuchsen durch Übernahmen und bauten ihre Präsenz weiter aus. Insgesamt zeigt sich vor allem ein Wachstum in neue Pflegeangebote und eine weitere Internationalisierung des deutschen Pflegemarktes.

Inhaltsverzeichnis:

  • Betriebliche Übernahmen – Transaktionsvolumen von einer halben Milliarde Euro
  • Deutscher Markteintritt der DomusVi
  • Gemeinsame Gesellschaft von PflegeButler und Onesta
  • Größte Übernahme der Top 30 Betreiber: VidaCura übernimm WH Care
  • Immobilienübernahmen
  • Cureus entwickelt Geschäftsmodell weiter
  • Aedifica mit größter Akquisition seiner Laufbahn in Deutschland
  • IMMAC, BNP und INP mit weiteren großen Übernahmen

  • Im gesamten Jahr 2021 gab es rund 140 Deals im Pflegemarkt – insgesamt 85 der Übernahmen entfielen dabei auf den Bereich der Betriebsübernahmen, 51 in den Bereich der Immobilienübernahmen – im Jahr 2020 waren es noch knapp 100. Dennoch zeigt sich der Bereich der Betriebsübernahmen vor allem aufgrund von großen Übernahmen agiler als im vergangenen Jahr – es wurden insgesamt 540 Standorte übernommen, im Jahr 2020 waren es noch rund 400. Insbesondere die Übernahmen und Fusionen einiger größerer und großer Betreiber prägten hierbei das Dealgeschehen.

    Betriebliche Übernahmen – Transaktionsvolumen von einer halben Milliarde Euro

    Insgesamt wurden in betrieblichen Übernahmen 89 Pflegeheime mit mehr als 7.000 Betten übernommen, sowie 94 betreute Wohnanlagen mit mehr als 3.500 Wohneinheiten, 92 Tagespflegen mit rund 2.850 Plätzen, 111 Pflegedienste mit beinahe 9.000 Versorgungen, und 158 Wohngemeinschaften mit etwa 1.400 Plätzen. Nach den Markteinschätzungen der Pflegeexperten von pflegemarkt.com beläuft sich das Transaktionsvolumen in der Pflege im Jahr 2021 für betriebliche Übernahmen nach Prognosen auf etwa 500 Millionen Euro.

    Deutscher Markteintritt der DomusVi

    Deutscher Markteintritt der DomusVi

    Dabei ist der Großteil der Übernahmen (56 Prozent) einem strategischen Zukauf zuzuordnen. Der größte Deal hierbei war die Übernahme der advita durch die DomusVi. Die advita betreibt in Deutschland insgesamt mehr als 1.700 Wohneinheiten im Betreuten Wohnen und 1.000 WG Plätzen, insbesondere für Demenzkranke und Intensivpatienten, sowie rund 1.500 Tagespflegeplätze an insgesamt 41 Standorten. Mit den 37 ambulanten Pflegediensten versorgt die Gruppe gemäß Auswertung der aktuellen MDK-Berichte rund 3.000 Patienten. Weitere 51 Standorte sind bereits in der Planung, somit zählt das Unternehmen Sektor übergreifend zu den größten Pflegedienstleistern. Mit der Übernahme trat die DomusVi nun nach Korian und Orpea (Rang 1 und Rang 2 der Top 25 Pflegeheimbetreiber in Europa) nun als dritter französischer Betreiber der Top 3 Betreiber in Europa in den deutschen Markt ein. Dieser Eintritt gliedert sich in die Reihe der europaweiten Expansion ein, nachdem DomusVi bereits im Dezember 2020 in den niederländischen und im Januar 2021 in den Pflegemarkt Irlands eingetreten ist. Alle weiteren Informationen zu der Übernahme lesen Sie in unserer Analyse zu dieser Transaktion.

    Gemeinsame Gesellschaft von PflegeButler und Onesta

    Die zweitgrößte fällt auf die von der Armira übernommene Onesta Holding aus Limburg und die Unternehmensgruppe PflegeButler aus Friedeburg, welche seit Anfang Juni unter einer gemeinsamen Gesellschaft vereint sind. Die beiden Geschäftsführer Jan Zimmerschied und Heiko Friedrich werden beide weiter geschäftsführende Gesellschafter ihrer jeweiligen Gruppen bleiben.

    Auch das gesamte bisherige Management sowie sämtliche Mitarbeiter bleiben nach dem Zusammenschluss in den einzelnen Gruppen an Bord und werden sich zukünftig noch stärker positiv austauschen können. Die Onesta Gruppe bietet derzeit 9 betreute Wohnanlagen an. Neben dem Segment des betreuten Wohnens bietet Onesta zudem Angebote im Bereich der ambulanten Pflege, der Tagespflege (357 Plätze), der stationären Pflege (195 Plätze), sowie der Intensivpflege. Ihren regionalen Fokus legt die Gruppe dabei auf Rheinland-Pfalz und Hessen, wo zudem aktuell 3 neue Standorte aus dem Segment des Betreuten Wohnens in Mengerskirchen, Solms und Heuchelheim entstehen werden. Bis Ende 2022 plant die Gruppe laut eigenen Angaben mehr als 900 Kunden zu betreuen.

    Die Unternehmensgruppe PflegeButler betreibt derzeit mit knapp 600 Mitarbeitern 10 ihrer Wohnparks für 600 Bewohner in Ostfriesland, Friesland und dem Ammerland. Das Angebot der Wohnparks umfasst dabei insbesondere das Konzept des „Betreuten Wohnens Plus“ – die Kombination aus ambulant Betreuten Wohnen mit einer im Haus integrierten Tagespflege. In den nächsten drei Jahren wird die Gruppe weitere 10 Wohnparks, von denen sich die meisten bereits im Bau befinden, eröffnen. 2023 wird die Gruppe so über 1.100 Apartments mit knapp 1.050 Mitarbeitern betreiben. Erst im März 2021 verließ Mitgründer Peter Janssen das Unternehmen und ging in den Ruhestand, im Zuge der Nachfolgeregelung wurde der PflegeButler Teil des Portfolios der Münchner Holdinggesellschaft Armira. Auch über diese Transaktionen können Sie sich ausführlich in den jeweiligen Berichten zur Nachfolgeregelung bei PfegeButler und der gemeinsamen Gesellschaft einlesen.

    Größte Übernahme der Top 30 Betreiber: VidaCura übernimm WH Care

    Die größte Übernahme unter den Top 30 Betreibern (und der drittgrößte Deal insgesamt) war im vergangenen Jahr die Übernahme der WH Care Holding durch die VidaCura. Die WH Care Holding GmbH mit Hauptsitz in Garbsen versteht sich als langjähriger Betreiber von Lebens- und Gesundheitszentren. Mit 1.169 Pflegebetten in 14 aktiven Pflegeheimen liegt dabei der Fokus auf dem stationären Sektor. Außerdem ist der Betreiber mit 4 Standorten im Betreuten Wohnen und 2 Tagespflegen mit 138 bzw. 40 Plätzen vertreten. Zudem befinden sich aktuell 11 Standorte im Bau, zum aktuellen Portfolio kommen ebenfalls 2 im Bau befindliche Pflegedienste hinzu. Seit November 2020 wird VidaCura durch den Finanzinvestor Ergon Capital unterstützt. Ergon ist bereits mit dem Betreiber opseo in der außerklinischen Intensivpflege präsent. Weitere Informationen zu dieser Übernahmen lesen Sie in unserer Analyse.

    Während die bisherigen größten Übernahmen einzelne große Betriebsübernahmen waren steht auf Rang 4 der Betreiber mit den meisten Übernahmen im Jahr 2021 die Hera Residenzen, welche insgesamt 8 Pflegedienste übernahmen – in unserer M&A Analyse 2020 wurde die Hera Residenzen noch als Newcomer des Jahres gehandelt – und übernahmen auch bereits Anfang 2022 schon weitere Dienste. Das erklärte Ziel der Gruppe ist es bis 2025 insgesamt 100 Pflegedienste in der Gruppe zu vereinen, wie uns Geschäftsführer Andreas Mildner in einem exklusiven Interview verriet.

    Auf Rang 5 der Betreiber mit den meisten übernommenen Kapazitäten ist die Careciano GmbH, welche insgesamt zwei Deals im vergangenen Jahr abschloss – der größere der beiden Übernahmen, die Akquisition der Unternehmensgruppe Muus umfasste 6 Pflegeeinrichtungen, 4 betreute Wohnanlagen und Wohngruppen, u.a. mit Tagespflegen und darüber hinaus zu Hause versorgten ambulanten Klienten. Mit der Übernahme startet die im Jahr 2020 von Heiner Schlichting und Markus Speckenbach gegründete Careciano-Gruppe mit ihrem ersten Standort, ehe sie ihr Portfolio mit der Übernahme des Seniorenhaus Zell GmbH im Fichtelgebirge mit 183 Pflegeplätzen weiter ausbauten. Mehr zur Übernahme der Unternehmensgruppe Muus lesen Sie in unserer Analyse.

    Insgesamt zeigte sich der Markt der betrieblichen Übernahmen im Jahr 2021 mit einigen großen Übernahmen ganzer Betreibergesellschaften – besonders geprägt wurde dabei das Dealgeschehen durch den Markteintritt der DomusVi. Aber auch bei den Immobilienübernahmen zeigten sich einige große Portfolioübernahmen.

    Immobilienübernahmen

    Insgesamt wurden in Immobilienübernahmen 93 Pflegeheime mit mehr als 8.700 Betten übernommen, sowie 29 betreute Wohnanlagen mit mehr als 2.100 Wohneinheiten, 12 Tagespflegen mit rund 219 Plätzen und 14 Wohngemeinschaften mit etwa 129 Plätzen. Nach den Markteinschätzungen der Pflegeexperten von pflegemarkt.com beläuft sich das Transaktionsvolumen in der Pflege im Jahr 2021 für Immobilienübernahmen nach Prognosen auf etwa 890 Millionen Euro. Wie bereits in den letzten Jahren konzentrieren sich die Immobilienübernahmen dabei vermehrt auf den vollstationären Bereich.

    Cureus entwickelt Geschäftsmodell weiter

    Während bei der Erstellung der größten Akteure im Bereich der Immobilienübernahmen – im Gegensatz zu den größten Akteuren bei betrieblichen Übernahmen – in der Regel die Summierung mehrerer Übernahmen den Ausschlag gibt, zeigt sich in diesem Jahr eine Besonderheit. Die Firma mit den meisten übernommenen Kapazitäten ist die Cureus GmbH, bei welcher die mehr als 3.600 übernommenen Plätze und Wohneinheiten auf nur einen einzigen Deal zurück zu führen sind. Dies ist dabei einer Sonderstellung unter den Übernahmen zuzuschreiben: Die Gesellschafter und die Geschäftsführung der Cureus GmbH haben eine Weiterentwicklung des Geschäftsmodells beschlossen. Cureus arbeitet ab sofort als klassischer Bestandshalter, der sein Pflegeimmobilienportfolio selbst entwickelt und betreut. Als Basis dafür übernahm die Gesellschaft zum Ende Juni 2021 zu den drei bereits in diesem Jahr fertiggestellten, verpachteten Immobilen in Lüchow (Niedersachsen), Schwerin (Mecklenburg-Vorpommern) und Gotha (Thüringen) ein Portfolio aus 35 verpachteten Immobilien und einem Projekt im Bau von der Mutter- und von Schwestergesellschaften. Diese hat das Cureus-Team in den letzten fünf Jahren im Wesentlichen gemäß dem eigenen Standard der Systempflegeimmobilie selbst erstellt.

    Immobilieninvestoren mit den meisten übernommenen Einheiten 2021

    Auch die in Zukunft fertiggestellten Immobilien sollen nun grundsätzlich zur Erweiterung des Bestandsportfolios dienen und nicht mehr, wie bisher geplant, in den Verkauf gegeben werden. An der hohen jährlichen Fertigstellungsquote von künftig mindestens 20 Projekten soll weiter festgehalten werden. So begegnet Cureus mit seinem besonderen Standard immobilienseitig dem rasant steigenden Bedarf an Pflegeimmobilien. Mehr Informationen zur Weiterentwicklung des Geschäftsmodells erhalten Sie im entsprechenden Artikel.

    Aedifica mit größter Akquisition seiner Laufbahn in Deutschland

    Auf Rang zwei – mit mehr als 2.500 übernommenen Pflegeplätzen in 4 großen Übernahmen – liegt dabei die Aedifica. Gleich zu Beginn des Jahres übernahm die Aedifica dabei gleich 19 Pflegeheime. „Diese Transaktion ist ein Meilenstein, Aedificas größte Akquisition von in Betrieb befindlichen Pflegeheimen in Deutschland, und sie unterstreicht die Bedeutung des deutschen Marktes, der Aedifica ein nachhaltiges Wachstum ermöglicht. Dank dieser Akquisition bauen wir unsere Zusammenarbeit mit der Azurit-Gruppe, einem etablierten deutschen Pflegeanbieter mit einem bewährten Betriebskonzept, weiter aus“, so Heinz Beekmann, Country Manager Deutschland. Ende September, Anfang Oktober 2021 gab die Aedifica schließlich drei weitere Übernahmen im Bereich der vollstationären Pflege bekannt.

    IMMAC, BNP und INP mit weiteren großen Übernahmen

    Mit deutlichem Abstand auf Rang 3 der größten Immobilienübernahmen liegt die IMMAC – insgesamt 760 Pflegeplätze wurden in 7 Deals über das Jahr 2021 hinweg erworben. Erst im Februar 2022 wurde die Übernahme von gleich fünf weiteren Standorten im vierten Quartal 2021 bekannt – diese wurden für diese Analyse noch nachträglich berücksichtigt: Neu im Portfolio der Gruppe sind seit dem 1. Dezember 2021 das Seniorenhaus Lindenberg in Kassel mit 103 vollstationären Pflegeplätzen, die Servicewohnanlage „Amalie“ in Halle mit 77 Wohneinheiten und die Seniorenresidenz „Küstendomicil“ in Elmenhorst, ebenfalls eine Anlage des betreuten Wohnens mit 49 Wohneinheiten. Dicht darauf folgen die INP mit 550 übernommenen Plätzen in 5 Deals und die BNP mit 496 übernommenen Plätzen in 4 Deals.

    Insgesamt zeigt sich der Markt der Immobilienübernahme sehr konventionell – der Fokus der Investoren liegt weiterhin auf der Übernahme vollstationärer Pflegeplätze, die weiterhin gut planbar bleiben. Nur mit der Umstrukturierung der Cureus durch Übernahme von Häusern von Mutter- und von Schwestergesellschaften zeigt sich als außergewöhnlich.